Reitsport – In einem Abschlussbericht veröffentlicht R-haltenswert ihre Ergebnisse zum Weltcup-Finale in Basel Anfang April. Das Ergebnis: Negative Spannung & Druck in der Dressur, Schlaufzügel und scharfe Zaumzeuge bzw. Gebisse. Beim Voltigieren wurde ein lahmes Pferd zum Bewerb zugelassen. Dabei sieht die Initiative die FEI in der Verantwortung.
EQWO.net berichtete bereits vor einigen Monaten von der Initiative R-haltenswert und ihrer Zusammenarbeit mit dem Veranstalter des Weltcup-Finales in Basel. Gründungsziel und Auftrag für das Event der Sparten Dressur, Springen und Voltigieren ist es, Missstände aufzudecken und festzuhalten. So soll die Branche selbst notwendige Schritte einleiten können und Veränderungen angestoßen werden, „die das Wohl der Pferde garantieren und dem Pferdesport helfen, unabdingbare ethische Standards zeitgemäß umzusetzen und wieder ein positiv besetztes, sportliches und faires Umfeld zu installieren.“ Nun veröffentlichte diese „Equine Quality Control“ ihren Abschlussbericht.
Drei Experten verfolgten während des Events die Qualität der Reitkunst und ordneten diese ein: Ausbilder Falk Stankus, sowie die Pferdewirtschaftsmeister Jonathan Marquardt und Marcel Egger. Sie sollten die Gegebenheiten, Auffälligkeiten und Eindrücke ähnlich einer Qualitäts-Kontrolle in Unternehmen dokumentieren. Dabei wurden jedoch keine Namen genannt und nicht auf einzelne Reiter-Pferd-Paare eingegangen, sondern lediglich ein allgemeiner Eindruck beschrieben. In vier Fällen gab es dringende Beanstandungen vor Ort, die auf akute Zungenfehler oder zu enge Verschnallung aufmerksam machen sollten. In keinem der vier Fälle stimmte die FEI der Kritik zu, sondern bestätigte die Regelkonformität.
Dressur: Sperrende Unterkiefer, gedrückte Zungen & Spannungstritte
Für die meisten ist das leider nichts neues: Auf den Abreiteplätzen des Weltcup-Finales (die zwar von der Öffentlichkeit abgeschottet, jedoch via Live-Übertragung im Messegelände einsehbar waren) traf anfangs harmonisches Warmjoggen, auf mit viel Druck und Spannung Reiten je näher die Prüfungen rückten. Die Reiter:innen verlangten von den Pferden kein Miteinander, sondern bedingungsloses Gehorsam. Die stark gedrückten Zungen, sperrenden Unterkiefer und spannige Taktfehler gaben dem Bild trotz der dynamischen Bewegungen einen schalen Beigeschmack, so die Equine Quality Control. Außerdem seien Kandaren teilweise nicht korrekt verschnallt gewesen. Aufgrund der Regelung der FEI, dass nur Stewards die Reiter:innen ansprechen dürfen, konnte dies vor Ort nicht angemerkt werden:
„Die Kriterien für Reiten, hier Dressurreiten, im Sinne eines ethischen, moralischen und pädagogischen Auftrags gegenüber dem Pferd wurden auf dem Abreiteplatz von vielen Reitern stark vernachlässigt. Die von der FEI in der Präambel der Dressurregeln verfasste Beschreibung der Dressur wurde so regelmäßig nicht genügend erreicht.“
Springen: Viel Leder, viel Metall, wenig Gymastizierung
Bei den Springreiter:innen kritisierten die R-haltenswert-Experten vorallem die Anzahl an kreativen Gebiss/Zäumungs-Konstruktionen, die laut FEI jedoch regelkonform sind. Denn: Es gibt keine Restriktionen dazu. Ebenso wurden viele Hebel und Schlaufzügel verwendet – egal ob beim Spazierenreiten oder hoch Springen. Augenscheinlich galten die Verschnallung rein zur Kontrolle der Pferde, nicht zur eigentlich erwünschte Gymnastizierung der Pferde, welche großteils ausblieb:
„Dieser auf diese Art und Weise betriebene Springsport erweckte bei uns den Eindruck eines Mikrokosmos, der vollkommen vergessen hat oder mittlerweile aktiv ausblendet, welche Verantwortung und Verpflichtung er gegenüber dem Pferd, aber auch gegenüber der Außenwirkung des Reitsports an sich hat.“, heißt es in dem Bericht.
Voltigieren: Pferd ist rechtsrum lahm? Kein Problem, die Prüfung findet ohnehin nur linksrum statt
Beim Warmreiten, Ablongieren und Vorbereiten der Voltigierpferde fiel auf, dass diese teilweise zu eng ausgebunden waren und ebenfalls Gebrauch von Schlaufzügeln gemacht wurde. Besonders schockierend war jedoch ein Fall, bei dem durch einen R-haltenswert-Experten auf eine regelmäßige Taktunreinheit aufmerksam gemacht wurde und das Pferd anschließend tierärztlich von der FEI untersucht wurde. Das Ergebnis:
„Das Pferd wurde auf gerader und gebogener Linie im Trab analysiert und es wurde festgestellt, dass auf gebogener Linie rechte Hand die Bewegung nicht ganz gleichmäßig gewesen sei. Da dies auf der gebogenen Linie linke Hand nicht der Fall war und die Voltigierprüfung nur auf der linken Hand stattfindet, wurde das Pferd für die Prüfung freigegeben.„
Angespannte Stimmung zwischen FEI-Stewards und R-haltenswert-Experten
Im gesamten Abschlussbericht wird immer wieder das angespannte Verhältnis zwischen den drei Experten der „Equine Quality Control“ und der FEI bzw. deren Stewards angesprochen. Anfangs durfte statt mit den Reiter:innen, nur mit den Stewards gesprochen werden, im Laufe des Turniers sollte sich sogar rein an eine Kommunikation via Whatsapp mit dem Chef-Steward gehalten werden.
>> Alle Details könnt ihr in diesem Bericht nachlesen
Weiterführende Links:
>> Basel will durchgreifen: Fokus Tierwohl beim Weltcupfinale
>> R-haltenswert
>> Julien Epaillard gewinnt das Weltcup-Finale, Max Kühner wird 10.
>> Basel: Gold für Charlotte Fry & Glamourdale
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