Thomas Tesch: „Badminton ist ein Once-in-a-Lifetime-Erlebnis!“
Interview – Der österreichische Bundesreferent für Vielseitigkeit Thomas Tesch reiste mit Harald Ambros (OÖ) und Vitorio du Monet zum Fünf-Sterne-Klassiker nach Badminton, Großbritannien. Wir haben mit ihm über seine Eindrücke der wohl schwersten Vielseitigkeitsprüfung der Welt, die Entscheidungen im Team und die kommende Saison gesprochen.
EQWO.net: Thomas, die Badminton Horse Trials 2025 sind nun Geschichte, wie waren Deine allgemeinen Eindrücke?
Thomas Tesch: „Das Turnier in Badminton ist eine Klasse für sich. Es wird als das härtestes Vielseitigkeitsturnier der Welt bezeichnet und das zu Recht. Es gibt derzeit sieben 5*-Turniere weltweit, wobei die beiden englischen Turniere Badminton und Burghley innerhalb dieser 5*-Serie „pinnacle of the sport“ genannt werden. Also die Spitze von dem, was in der Vielseitigkeit möglich ist. Das besondere Flair des Anwesens des Dukes of Beaufort ist sehr beeindruckend. Wenn man als Betreuer dann auch Zugang hinter die Kulissen hat, ist es noch einmal etwas ganz was anderes.“


EQWO.net: Wenn man sich die Ergebnisse ansieht, war die Geländestrecke äußerst selektiv. War das beim ersten Abgehen zu erwarten?
Thomas Tesch: „Absolut. Die Hindernisse sind von den Dimensionen her gewaltig und haben schwierige optische Effekte. Da kann man im Vorfeld nicht immer einschätzen, wie die Pferde darauf genau reagieren werden. Darüber hinaus sind es nicht nur die Sprünge an sich, sondern auch die Streckenlänge (Anm.: 6650 Meter) mit beinahe zwölf Minuten, also das absolute Maximum was in der Vielseitigkeit möglich ist. Aber die Engländer sind da sehr nüchtern und gelassen in ihrer Analyse: „That’s just Badminton.“



EQWO.net: Warum reiten eigentlich sehr selten Österreicher:innen bei den beiden 5*-Turnieren in England?
Thomas Tesch: „Da spielen mehrere Faktoren mit: Auch wenn man etabliert im 4*-Bereich reitet, heißt es nicht automatisch, dass das entsprechende Pferd auch für 5* geeignet ist. Hier besteht nochmals ein deutlicher Sprung, ähnlich wie bei 3* auf 4*. Darüber hinaus ist die Reise nach England sehr aufwendig und kostenintensiv. Die unzähligen Formulare für den Zoll seit dem Brexit sind sehr herausfordernd und können eine Reise auch zum Scheitern bringen.
Dennoch haben in der Vergangenheit immer wieder Österreicher:innen die Strapazen und Herausforderungen auf sich genommen. Zum Beispiel Harald (Anm.: Ambros) in 2007 mit Miss Ferarri, Harald Siegl mit Nebelwerfer oder Katrin Khoddam-Hazrati mit DSP Cosma, die neben Badminton auch schon in Burghley war. 2025 war für Lea (Anm.: Siegl) und Harald der Start in Badminton die logische Konsequenz: Die Pferde sind im besten Alter und beide haben bereits mehrere 5* Platzierungen.“
EQWO.net: Aus österreichischer Sicht ist es ja diesmal nicht ganz optimal gelaufen?
Thomas Tesch: „Im Vorfeld war es sehr bedauerlich, dass Lea und DSP Fighting Line kurz vor Abreise den Weg nicht antreten konnten, aber so ist es manchmal im Reitsport. Hinsichtlich des Pferdemanagements kann man Harald nur bewundern. Vitorio hat immer wieder mit seinem Nervenkostüm zu kämpfen und schon der kleinste äußere Einfluss kann ihn zum Explodieren bringen. Da hat man es als Reiter schwer und muss immer alles im Auge haben.
Aber gemeinsam mit unseren Trainern Andreas Ostholt, der selbst 2016 Zweiter in Badminton war, und Herwig Radnetter ist es gelungen, Vitorio gelassen zu halten. Er hat sich von der Kulisse nicht beeindrucken lassen. Natürlich wünscht man sich als Reiter und Betreuer, dass alles gut geht, aber in dieser Klasse bewegt man sich auf einem sehr schmalen Grat. Da entscheiden Millisekunden und bei sowas ist auch die Nummer 1 der Welt bis zur letzten Sekunde bis aufs Äußerste gefordert. Ähnlich, wie wenn man in Kitzbühel die Abfahrt fährt. Da kannst Du vorher alles gewonnen haben und im nächsten Moment stehst Du – hoffentlich unverletzt – neben der Piste.“
EQWO.net: War die Entscheidung den Ritt nach einem Fehler abzubrechen im Vorfeld besprochen?
Thomas Tesch: „Ja, sowas bespricht man natürlich im Vorfeld aber so eine Entscheidung muss schlussendlich jeder Reiter für sich und sein Pferd selbst entscheiden. Nachdem Vitorio zwischen Hindernis 24 und 25 auch noch ein vorderes Eisen verloren hatte, war es die einzige richtige Entscheidung bei Huntsman’s Close (Anm. Hindernis 26) abzubrechen. Das Wohl des Pferdes steht immer an erster Stelle und noch einen Kilometer mit drei Eisen unter größter Anstrengung weiter zureiten, hätte gar nichts gebracht. Leicht ist sowas natürlich nicht, wenn man so schnell wie eine Gewehrkugel unterwegs war und die Ziellinie bereits zum Greifen nahe ist, aber auch das gehört zum Spitzensport dazu.
Nachdem Vito aber recht schnell seine Pflegerin Eliska Opravilova wie gewohnt am Strick beim Grasen in der Gegend herumgezerrt hat, ist aber die Enttäuschung gewichen. Wir waren alle sehr froh, dass beide, Reiter und Pferd gesund und wohlauf sind. Das ist wichtiger als jedes Ergebnis.“
EQWO.net: Weißt Du, wie der weitere Plan für Harald und Vitorio aussieht?
Thomas Tesch: „Nachdem wir erst seit gestern wieder zu Hause sind, haben wir noch nicht im Detail gesprochen. Am liebsten wäre mir natürlich, dass Harald und Vitorio bei der EM in Blenheim im September starten. Sollte Harald sich aber entscheiden stattdessen Nation Cups zu reiten und seinen Fokus auf die WM in Aachen 2026 zu richten, wäre dies auch gut vorstellbar.
Ab 2026 beginnt wieder der Qualifikationsprozess für die Olympischen Spiele in Los Angeles 2028. Wir werden das in Ruhe in den nächsten Tagen besprechen. Im Moment ist mir am Wichtigsten, dass alle wieder gesund und munter nach Hause gekommen sind.“
EQWO.net: Was ist Dein Resümee des Badminton-Wochenendes?
Thomas Tesch: „Es war für mich ein „Once-in-a-Liftime-Erlebnis“ als Team-Leader in Badminton sein zu dürfen. Dafür möchte ich mich bei Harald (und auch Lea) bedanken, dass es ihnen im Vorfeld am Herzen gelegen ist, dass ich diese Reise mit antrete. Gleichzeitig freut es mich, wenn Reiter:innen wie Harry Meade sich freuen die Österreicher:innen zu sehen und und Lob und Anerkennung aussprechen, wie Harald Vitorio weiterentwickelt hat. Gemeinsam mit Harald und Vitorio, Susanne Ambros, Eliska Opravilova, Andreas Ostholt, Herwig Radnetter, Dr. Sabine Ötschmaier und Christian Stelzl musste sich das Team Austria in Badminton nicht verstecken – ganz im Gegenteil!“


Danke für das Gespräch, lieber Tom!
Weiterführende Links:
>> Ergebnislisten
>> Website: Badminton Horse Trials
>> EQWO.net: Rosalind Canter gewinnt in Badminton, Pech für Harald Ambros
>> EQWO.net: Déjà-vu? Fighty verletzt, kein Badminton für Lea Siegl
>> EQWO.net: Britisches Blenheim Palace richtet Vielseitigkeits-EM 2025 aus
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