Auch eine Woche nach der Sichtung der österreichischen SpringreiterInnen beim CSI2* in Linz/Ebelsberg (AUT), wirbelt das Thema weiterhin ordentlich ‘Springreitstaub’ auf.
Denn nach dem Artikel mit dem Interview von Österreichs Springreferent Hugo Simon auf Equestrian Worldwide – EQWO.net wurde in der Springreitszene heftig diskutiert. Denn Hugo Simon hatte den Bewerb am Samstag als zu leicht und damit als Trainingsspringen kritisiert.
Equestrian Worldwide hat deshalb sowohl mit Veranstalter Helmut Morbitzer, als auch Parcourschef Franz Madl und Springreferent Hugo Simon gesprochen und um deren Meinung zum Thema Sichtungsparcours gefragt. Auch wenn es durchwegs andere Meinungen gibt, in einem sind sich alle einig: keiner will Streit und Ärger, sondern lediglich seine Meinung zum Thema äußern.
Die Interviews könnt Ihr hier nachlesen:
Helmut Morbitzer: “Verstehe die Kritik nicht”
“Meine Meinung ist klar und eindeutig. Bereits voriges Jahr wurde besprochen, dass die Sichtung in Linz stattfinden wird. Deshalb wurde ich auch gebeten, den Parcoursbauer zu informieren, dass der Große Preis des CSI2* eine Sichtung wird. Die Ausschreibung habe ich an John Roche (FEI Director Jumping – Anm. der Red.) geschickt. Mit der Bitte den Grand Prix auf 1.50 m zu erhöhen. Das wurde mir drei Mal verweigert. Beim dritten Mal habe ich es dann geschafft, dass der Große Preis mit einer Ausnahmegenehmigung 1,50 m hoch ist.
So war das immer geplant.
Das kann man ja auch in der Ausschreibung vom vorigen CSIO nachlesen. Hier stehen der Umlauf mit 1.45 m und das Stechen mit 1.50 m.
Gleich nach seiner Ankunft zum 2-Stern meinte Hugo, dass er die Sichtung am Samstag im Rahmen der 2. Qualifikation für den Grand Prix machen möchte.
Nun muss man mal verstehen, dass Hugo’s Agenden das Springreferat sind und meine die des Turnierveranstalters. Deshalb antwortete ich ihm, dass er die Sichtung natürlich machen kann, wann er will. Denn das ist seine Sache. Doch ich teilte ihm auch mit, dass der Parcours aber am ehesten am Sonntag einer CSIO 4*-Sichtung entsprechen würde. Eine Qualifikation (für den Grand Prix – Anmerkung der Red.) kann man unmöglich so bauen. Denn die Hindernisse sind auf 1.45 m limitiert und wir haben hier 100 Starter. Das ist den Sportlern gegenüber nicht gerecht.
Aber Hugo meinte dennoch, dass er das so machen möchte und mit dem Parcoursbauer sprechen will. Ich sagte ihm, dass er das gerne kann, denn er muss als Springreferent entscheiden wann er sichtet und nicht ich als Veranstalter, aber dass der Parcoursbauer sicher nicht über 1.45 m gehen wird.
Der Parcours am Samstag war meiner Meinung nach perfekt. Vielleicht hat sich Franz Madl ein paar weniger Nuller erwartet und dann waren es halt ein paar mehr. Aber die Pferde sind wahrscheinlich auch wegen des guten Bodens hier in Linz super gesprungen. Ich bin selber geritten und fand es perfekt gebaut und für eine 2. Qualifikation und ein CSI2* Niveau an der Obergrenze. Daher ist mir die Kritik von Hugo unverständlich. Franz Madl ist in meinen Augen der beste österreichische Parcoursbauer und deshalb haben wir ihn auch. Ich war vollauf zufrieden.
Nach der Sichtung hat sich Hugo bei mir beschwert, dass er sich das ganz anders vorgestellt hat. Ich habe ihm in unserer Nachbesprechung gesagt, dass das ja anders angedacht war und seine Kritik ungerechtfertigt ist. Dass ich das nicht korrekt finde, denn es war sein Wunsch die Sichtung auf den Samstag zu verschieben. Wir hatten die Sichtung aber für Sonntag geplant – was auch aus der Ausschreibung hervorgeht. Diese wurde ja bereits im Dezember genehmigt. Wegen der Sichtung haben wir auch den Wassergraben hineingenommen. Dieser ist ja grundsätzlich für den Nationenpreis und für das CSIO gedacht. Bei einem CSI2* ist er schon mal überbaut im Parcours, aber er ist grundsätzlich für ein 2-Sterne-Turnier immer grenzwertig schwer.
Jedenfalls war der Wassergraben war am Samstag überbaut im Parcours und am Sonntag offen. So wie wir das besprochen hatten. Am Sonntag stand dann der sehr anspruchsvolle Parcours. Dieser hat exakt dem entsprochen, was Hugo wollte: mit der Dreifachen zum Wasser, offenes Wasser, etc. Alles, was ich als Veranstalter vorher versprochen habe, war enthalten. Und daher ist es für mich ein bisschen eigenartig, dass dann Kritik geübt wird. Wenn er die Qualifikation auf Samstag verschiebt, ist es natürlich absolut seine Entscheidung als Springreferent. Nur kann ich dann nicht am Parcours Kritik üben. Mehr kann ich dazu nicht sagen, weil Franz Madl dann am Sonntag wieder einen super Grand Prix gebaut hat mit sechs guten Pferden und Reitern im Stechen – auch wieder an der Obergrenze des 2-Sterne-Niveaus. Man darf nie vergessen, dass es für das Turnier entscheidend ist, dass wir dem entsprechen was in der Ausschreibung steht. Dem hat Franz Madl ohnehin Genüge getan und immer an das Limit gebaut. Das wissen aber die Leute generell, wenn sie nach Linz kommen.
Die Sichtung selbst habe ich persönlich ja schon vor einigen Jahren angeregt, das ist früher nie wirklich gelungen. Hugo’s Durchsetzungskraft ist größer, die Leute kommen, wenn er sagt, dass alle kommen müssen. Ich würde das genauso machen. Ob das Sichten dann genau bei einem Turnier in Linz möglich ist, oder sich die Reiter selber eines von unseren drei 2-Stern aussuchen, mag dann eine Ansichtssache sein. Aber grundsätzlich halte ich unheimlich viel von Gemeinsamkeit, dem Zusammenkommen und dass man sich gemeinsam bespricht. Die Sichtung sollte sein, wo das CSIO ist. Solange Linz der Austragungsort ist, eben in Linz. Sollte es mal woanders stattfinden, muss man es eben dann dort machen.
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Parcourschef Franz Madl: „Es gibt Richtlinien“
„Ein Springen dient in erster Linie dem gesamten Starterfeld und ist in Hinblick auf weitere Bewerbe und auch Veranstaltungen zu werten. Für mich begannen die Probleme mit dem Verschieben der Sichtung auf den Samstag. Damit wurde dann das Fehler-Zeit-Springen als Sichtung gewertet. Des Weiteren wollte Herr Simon, dass das Fehler-Zeit-Springen am Samstag schwerer wird als der Große Preis am Sonntag. Dem habe ich nicht Folge geleistet und der Große Preis (mit Weltranglistenpunkten) war dann auch das schwerste Springen vom Turnier.
Jeder Reiter und Trainer wurde anscheinend zu Beginn des Turniers informiert, dass die 2. Qualifikation das schwerste Springen vom Turnier wird. Jeder ist dann auch zu mir gekommen und ich habe dem nicht zugestimmt. Das geht auch gar nicht. Denn der Große Preis ist der Große Preis und im 2-Stern sichten ist sowieso schwer. Weil man von der FEI aus nicht mehr darüber bauen darf und natürlich die ganzen Vorgaben einhalten muss. Am Sonntag hatten wir dann ein paar Steil mit 1.50 m und im Prinzip war es immer mit Helmut (Morbitzer) abgesprochen, dass der Grand Prix das schwerste Springen wird. Da gibt es auch das meiste Geld, da gibt es Weltranglistenpunkte. Hätte es das auch am Samstag gegeben, dann hätten wir es noch schwerer machen können. Aber sie (die Reiter und Pferde – Anm. der Red.) müssen ja auch drüber kommen. Im Endeffekt waren 27 Nuller und das war ja nicht so schlecht für den Samstag. Unser Ziel ist der Große Preis und alles andere ist der Aufbau dahin. Die Pferde sind sehr gut gesprungen und ich finde nicht, dass das Springen zu leicht war. Ich finde es muss immer im Rahmen bleiben. 2-Stern ist 2-Stern. Sichtung für 4-Stern und mehr ist am 2-Stern immer schwer – denke ich. Aus meiner und der Sicht des Veranstalters entsprach das 1.45 m Fehlerzeitspringen mit 13 Nummern und 3 Kombinationen jedenfalls voll und ganz den Anforderungen an Pferde und Reiter für diese Turnierkategorie.“
Auf unsere Frage an Franz Madl ob er das Gefühl habe zwischen seinem Ziel die Pferde/Reiter in Richtung GP aufzubauen und den Wünschen des Veranstalters und Springreferenten einen Spagat machen zu müssen, meinte er: “Für mich gibt es keinen Spagat, sondern es ist ganz klar. Denn am Ende ist immer der Parcoursbauer Schuld. Ich finde die Sichtung und das Zusammenkommen aller Reiter sehr gut und denke, dass das Hauptproblem das Verschieben auf den Samstag war. Dass es auf einmal die Sichtung sein soll, und nicht der Große Preis das Hauptspringen. Denn für jeden Reiter der auf das Turnier kommt, ist der Grand Prix das wichtigste Springen. Mich haben ziemlich viele wegen des Artikels auf EQWO.net angerufen. Ich denke, es sollte richtig gestellt sein. Denn das war kein Trainingsspringen am Samstag, und der Sieger hat sich das auch verdient. Ich sehe da schon immer einen Unterschied ob es Preisgeld von 25.000 Euro oder 7.000 Euro gibt. Die Reiter wollen auch mal junge Pferde in einem solchen 1.45 m Springen reiten. Da kann man bei einem solchen Turnier ganz viel kaputt machen. Denn das ist nicht nur das Qualifikationsturnier, sondern es sind viele Pferde aus dem Ausland da.“
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Hugo Simon: „So kann ich nicht sichten“
„Erstmal will ich keinen Ärger. Aber es gibt klare Fakten zum Thema. Der Ursprung der Sichtung ist, dass man hier in Linz zusammenkommt um die Teilnehmer für das CSIO zu ermitteln. Ich brauche also hier einen anspruchsvollen Parcours und ein Springen in dem alle reiten dürfen. Für eine Teilnahme im Grand Prix gibt es ja zwei Qualifikationen. Man muss sich also für den Grand Prix qualifizieren. Am Samstag darf in der 2. Qualifikation jedoch noch jeder reiten und deshalb habe ich mir dieses Springen ausgesucht. Denn die Sichtung ist ja für alle 15 Teilnehmer, die beim CSIO reiten wollen. Und es ist zu sichten, welche Reiter spezielle Turniere unter dem Jahr besuchen sollen.
Deshalb wollte ich eine A-Mannschaft und eine Nachwuchs- oder B-Mannschaft sichten. Es war für mich einfach schwer, dieses Springen heranzuziehen. Es war auf alle Fälle kein Sichtungsspringen, sondern eine Trainingsspringen.
Weil ich aber mit meiner Frau das ganze Jahr über alle Reiter und Pferde verfolge, konnte ich mir weiterhelfen. Ich möchte ja auch allen Reitern gerecht werden. Wenn Leute so weit fahren um eine Sichtungsprüfung zu reiten und um zu wissen wo sie stehen, ist es einfach für mich schwer nachzuvollziehen, dass man ihnen dann einen solchen Parcours anbietet.
Mir tut es für die ReiterInnen leid, die so weit angereist sind, um dann über ein Trainingsspringen zu reiten.
Selbst wenn man auf das internationale Starterfeld Rücksicht nimmt, ist das Ergebnis der 2. Qualifikation nicht gerechtfertigt. Denn wir können nicht die Hälfte der Teilnehmer mit Null Springfehlern haben. So sehe ich das.
Ich muss meinen Reitern gerecht werden und er muss seinem Turnier gerecht werden. Dann muss man sich die Frage stellen, wo die Sichtung geritten werden soll.
Für mich und alle Reiter war es jedenfalls klar und auch Helmut wusste, dass ich am Samstag die Sichtung machen möchte und der Parcours auch dementsprechend gebaut werden muss. Am Samstag und Sonntag war 1.45 m ausgeschrieben, das kann man nicht überbauen, das ist klar. Mir ging es um die Technik.
Doch um am Samstag in diesem Springen eine Schleife zu bekommen, musste man am Samstag Rennbahngalopp reiten. Es muss doch in der 2. Qualifikation die Möglichkeit geben sich mit einem Nuller platzieren zu können?
Ich hatte mir die Dreierkombination und den offenen Wassergraben erwartet. Das wurde ignoriert. Der Wassergraben gehört nach meinem Gefühl außerdem unbedingt entschärft indem der Gummiboden aufgeraut wird, damit die Pferde nicht ausrutschen bzw. mehr Halt haben, wenn sie hineinspringen.
In Zukunft muss es entweder so gemacht werden wie ich es vorgebe, oder es muss ein anderer machen.”
Dieser Text wurde von EQUESTRIAN WORLDWIDE – EQWO.net verfasst und ist KEINE Pressemitteilung. Das Kopieren des Text- und Bildmaterials ist nicht gestattet.