JS | Springreiten – Der Weltverband des Pferdesportes FEI erwägt nach einem Vorschlag der Alliance of Jumping Organizers (AJO), die Nenngebühren für internationale Springturniere weltweit zu harmonisieren. Angelehnt an das amerikanische System, würden Nenngelder für Zwei-, Drei-, Vier- und Fünf-Stern-Turniere dann nicht mehr wie in Europa üblich fix gestaffelt sein, sondern anhand des ausgeschütteten Preisgeldes berechnet werden.
Für Zwei-Stern-Events würden damit beispielsweise 1.200 Euro statt wie bisher 400 Euro pro Pferd anfallen. Für Events einer höheren Kategorie entsprechend noch mehr. Internationale Spitzenreiter wie Steve Guerdat, Ludger Beerbaum, Kevin Staut, Malin Baryard-Johnsson oder Nachwuchsstar Sanne Thijssen sprechen sich in einem Video gegen diese Änderungen aus.
EQWO.net hat bei Aktiven, Offiziellen und Veranstaltern aus Österreich nachgefragt, wie ihre Meinung zu diesem Thema ist.
Max Kühner (Nummer eins der Top of Austria)
“Ich bin dagegen, da die amerikanischen Verhältnisse nicht mit den europäischen vergleichbar sind. In Amerika ist der internationale Reitsport ein Reichensport. Ganz anders in Europa, dort leben viele Menschen und ganze Wirtschaftszweige davon. Diese können mit so hohen Entry Fees nicht mehr wirtschaftlich arbeiten! Pferde können auch nicht wirtschaftlich vertretbar ausgebildet werden, was in Amerika ja auch nicht passiert! Diese werden meistens fertig ausgebildet in Europa gekauft. Ein unpassender Vorschlag allein aus der Sicht der Turnierorganisatoren, der hoffentlich nicht weiter verfolgt wird!”
Christian Rhomberg (Nummer zwei der Top of Austria)
“Es ist für mich ein Wahnsinn. Züchter und Reiter tun sich schon schwer genug alles zu finanzieren. Das wird jetzt noch schlimmer. Wenn man zusätzlich noch eigene Pferde mit auf ein Turnier nimmt, so wie ich häufig, wird es fast unmöglich. Diese Änderung würde unseren Sport kaputt machen, weil nur noch die Superreichen reiten könnten. Dass bei der Global Champions Tour nur noch 40 % der Reiter aufgrund ihrer Leistungen reiten dürfen und der Rest gegen Bezahlung ist auch ein Wahnsinn. Das geht alles in eine falsche Richtung.”
Stefan Eder (internationaler Springreiter)
“Sportler sollten ihren Sport machen können. Das sollte nicht den Superreichen vorbehalten sein. Es ist ohnehin schon schwer genug, Sponsoren zu finden. Wenn man als normaler Mensch keine Möglichkeit mehr hat auf Turniere zu fahren, wird man im Sport auch nicht weiter kommen. Einerseits möchte die FEI, dass Springreiten eine Olympische Disziplin bleibt, andererseits sollen es sich nur noch die Reichen leisten können. Das ist ein Widerspruch. Ich kenne keinen anderen Sport, wo man nur gegen Bezahlung weiterkommt. Wenn man als Läufer beispielsweise gut läuft, qualifiziert man sich einfach über seine Leistung.”
Marcus Wallishauser (Internationaler Sport – Chef d’Equipe OEPS)
“Für Profis sind internationale Ein-, Zwei- und Drei-Sterne-Events notwendig, um Pferde auszubilden. Ebenso wichtig sind diese Turniere aber auch für Reiter, die Erfahrung sammeln wollen. Es ist einfach ein Unterschied, ob man einen 1.50 m Parcours auf einem nationalen Event reitet oder auf einem internationalen. Gerade bei uns in Europa sind nicht nur Superreiche unterwegs. Wenn das Nenngeld für Zwei-Sterne-Turniere also bei 1.200 Euro liegen würde, ist es für viele nicht mehr leistbar. Ich denke dabei auch an den Nachwuchs, der sich auf solchen internationalen Events auf Championate vorbereitet. Züchter hätten auch keine Möglichkeit mehr, ihre Pferde leistbar ausbilden zu lassen. Da muss man sich dann à la longue überlegen, ob das alles noch Sinn macht. Ich bin der Meinung, dass dann auf lange Sicht keine jungen Pferde und Reiter im internationalen Bereich nachkommen würden.”
Anton Martin Bauer (OEPS Bundesreferent Springen – Nachwuchs)
“Diese geplante Nenngelderhöhung der FEI ist die Vernichtung des Sports! Es ist offen gesagt eine Frechheit, dass die Kosten durch die FEI immer weiter erhöht werden, ohne die Beteiligten zu fragen. Meiner Meinung nach muss das mit allen Mitteln verhindert werden. Wie soll man unter diesen Voraussetzungen noch junge Pferde und Reiter ausbilden können?”
Josef Göllner (internationaler Turnierveranstalter)
“Die Lösung der FEI ist nicht ideal. Aus Veranstaltersicht muss ich aber sagen, dass ein wenig mehr Spielraum was das Nenngeld angeht sicherlich nicht schlecht wäre. Alle wollen ständig mehr ausbezahlt haben, mehr einzahlen möchte aber niemand. Ich spreche da natürlich nicht von den 1.200 Euro die aktuell im Raum stehen. Aber wenn man für ein wirklich gutes Event 600 statt 400 Euro verlangt, macht das für die Reiter einen weniger großen Unterschied und Veranstalter könnten ihre Events besser finanzieren. Denn ausschließlich über Sponsoren und den Ticketverkauf geht das schon lange nicht mehr. Natürlich soll es dabei nicht um die Ausbeutung der Reiter gehen. Die Veranstalter wären ja auch nicht gut beraten, wenn sie für mittelmäßige Events das maximale Nenngeld verlangen. Aber für eine Top-Veranstaltung sollte man auch bereit seit, etwas mehr zu zahlen.”
Wird der Vorschlag der Alliance of Jumping Organizers angenommen?
Die FEI erhielt den Vorschlag wie erwähnt von der Alliance of Jumping Organizers. Daraufhin holte man das Feedback verschiedener Stakeholder Gruppen ein, um einen Ausgangspunkt für die Diskussion dieses Vorschlages beim FEI Sports Forum vom 10. bis 11. April 2017 in Lausanne (Schweiz) zu haben. Die Details zu dem Vorschlag gibt es hier nachzulesen »
Folgende Fragen zur Diskussion beim Sports Forum wurden basierend auf dem Feedback ausgearbeitet:
» Gibt es den Bedarf für CSI/CSIO Anforderungen? Wenn ja, was sollten diese beinhalten?
» Was sind die Rechte und Verpflichtungen der Athleten gegenüber Organisatoren und umgekehrt?
» Wie sollten Events niedriger Kategorien finanziert werden, wie in höheren Kategorien?
» Können existierende, kleine Events, die einmal jährlich an temporären Locations abgehalten werden im Vergleich zu Events die regelmäßig an fixen Orten ausgetragen werden unter den aktuellen Bedingungen überleben? Sollten die Anforderungen weltweit unterschiedlich sein?
» Sind Mindestanforderungen effektiv? Könnte ein System, dass auf mehr Marktfreiheit basiert und gute Veranstaltungen belohnt, funktionieren?
» Sind die Preisgeldstaffelungen für die verschiedenen Sterne-Kategorien angemessen? Sollte das Preisgeld alleine die Sterne-Kategorie bestimmen?
» Was sollte das Nenngeld beinhalten? Soll das Nenngeld in Relation zum Preisgeld stehen?
Dieser Text wurde von EQUESTRIAN WORLDWIDE – EQWO.net verfasst und ist KEINE Pressemitteilung. Das Kopieren des Text- und Bildmaterials ist nicht gestattet.