Olympische Spiele – Es ist fix: wie bereits in Tokio, werden auch 2024 in Paris bei den Olympischen Spielen statt der gewohnten Vierer-Teams nur drei Reiter:innen pro Nation an den Start gehen dürfen. Das entschied die FEI bei der Generalversammlung. Wir haben Österreichs Championats-Kaderreiter:innen gefragt und aus den verschiedenen Sparten unterschiedliche Meinungen gehört!
Vielseitigkeit trifft es am Stärksten
Die Vielseitigkeit ist von der Streichung eines Streichergebnissen vielleicht am meisten betroffen. Im Gelände ist die Wahrscheinlichkeit auszufallen am höchsten und damit auch die Gefahr, dass die Mannschaft platz, am höchsten. Theoretisch dürften die zwei anderen Teammitglieder zwar weiterreiten, aber aufgrund der hohen Strafpunkte für einen Ausfall ist jede Chance auf ein passables Ergebnis passé.
Olympia-Teilnehmerin Kathrin Khoddam-Hazrati (K) steht der neuen Regelung daher sehr kritisch gegenüber:
“Ich finde die Regelung, dass nur drei Reiter pro Mannschaft an den Start gehen, nicht gut. Dafür gibt es für mich zwei Gründe: 1. Wenn die Olympischen Spiele wie beispielsweise heuer sehr weit weg sind, nehmen der Ersatzreiter und das Ersatzpferd viele Strapazen auf sich, ohne gesichert an den Start gehen zu können. Das finde ich nicht fair. 2. Eine Mannschaft, in der ein Starter ausscheidet, hat überhaupt keine Chance mehr, im Vorderfeld zu landen. Es darf zwar der Ersatzreiter weiter machen, jedoch hat das wegen der vielen Strafpunkte eigentlich gar keinen Sinn mehr.”
Springreiter plädieren an Pferdewohl
Aus dem Springreiter-Lager, wo es bei den Olympischen Spielen wohl auch aufgrund der neuen Regelung zu unschönen Bildern kam, wurden bereits prominente Stimmen gegen die Weiterführung der Dreier-Teams laut. Steve Guerdat (SUI) hielt bei der FEI Generalversammlung eine Rede für eine Rückkehr zum alten System, jedoch ergebnislos wie es scheint. “Die Springreiter würden dazu gezwungen werden den Parcours zu beenden, da durch einen Ausfall das Team platzen würde.”, ist hier nur eines der Argumente gegen die unpopuläre Entscheidung der FEI.
Die österreichische EM-Teilnehmerin und Kandidaten für das Olympia-Team, Alessandra Reich (OÖ), schließt sich der Meinung an:
“Persönlich bin ich ein großer Fan der Vierer-Teams – vor allem da unsere sportlichen Partner Lebewesen sind, die nicht genau artikulieren können, wie sie sich fühlen. Dreier-Teams, wie jetzt in Tokio, zwingen uns als Reiter immer ins Ziel zu reiten, obwohl wir in einem normalen GP sicherlich die Hand gehoben hätten. Man kann ja auch seine Teammitglieder nicht hängen lassen. Auch ein Pferd kann mal einen schlechten Tag haben oder einfach nicht 100% fokussiert sein, und dass deswegen dann sofort das ganze Team ausgeschlossen werden soll, ist für mich nicht verständlich. Auch ich muss sagen, dass die olympischen Spiele in Tokio unglaublich spannend gewesen sind, aber auf Kosten von wem? Von unseren Pferden! Ständig geht es um Animal Welfare usw. aber genau bei den Olympischen Spielen ist dies dann sekundär? Insofern unterstütze ich die Meinung von Spitzenreitern wie Steve Guerdat vollumfänglich, die Vierer-Teams wieder einzuführen.”
Österreichs Nr. 1 im Springsport, Max Kühner (T), sieht nach der Bestätigung der Dreier-Team-Regelung Bedarf für eine Änderung des Formates rundherum: “Aus Reiter und Pferde-Sicht, haben wir auch als internationaler Springreiterclub für die alte Version mit vier Reitern gekämpft. Mit nur drei Reitern und Pferden ist der Druck natürlich für jeden Reiter und dessen Pferd entsprechend höher, da es kein Streichergebnis mehr gibt. Jetzt wo es sicher wieder die drei Reiter-Pferd-Paare sein werden, müssen wir an dem Format arbeiten, damit das System mit drei Reitern nicht zu viel Druck ausübt und am Ende gegen den ‘Welfare of the Horse’ geht.”
Dressur mit besserer Chance für Österreich?
In der Dressur sieht die Sache schon anders aus. Anders als bei der Vielseitigkeit und dem Springen besteht kein Risiko, das Pferd oder sich zu verletzen. Eine Überforderung in diesem Sinn ist nicht gegeben. Grand Prix bleibt immer Grand Prix. Doch einen Ausfall können sich auch die Dressurreiter:innen nicht erlauben. Isabell Werth setzte sich im Vorfeld als Reiterin aus einer Gold-Nation öffentlich für das alte System mit vier Reiter:innen ein.
Als Vertreter einer kleineren Dressurnation wie Österreich, spricht der österreichische Olympia-Teilnehmer Christian Schumach (K) jedoch einen weiteren wichtigen Punkt an. Denn: Österreich könnte von der Regelung durchaus profitieren:
“Wenn Dreier-Team bedeuten, dass mehr Mannschaften teilnehmen können, finde ich das natürlich gut, weil das Österreich von dieserRegel profitieren könnte. Natürlich hat es seine Nachteile. Es gibt kein Streichergebnis und dann geht es sehr schnell, dass eine Mannschaft in der Platzierung abfällt oder wie in unserem Fall sogar platzt, weil ein Pferd ausfällt und kein Ersatzreiter mitgereist ist. Das ist die Seite, die nicht so schön daran ist. Grundsätzlich ist die Regelung aber in Ordnung, denke ich. Und sollte Österreich sich wieder qualifizieren können, dann haben wir dieses Mal sicher ein Ersatzpaar mit, damit es nicht wieder zu derselben Situation kommt, wie in Tokio. Weil Ausfälle kann es immer geben, wir arbeiten mit Lebewesen zusammen und wir wissen alle, da kann sehr schnell was passieren.”
Die FEI stimmte bei der Generalversammlung in Antwerpen gegen eine Rückkehr zum alten Format, die Dreier-Teams-Regel scheint für 2024 also in Stein gemeißelt.
Weiterführende Links:
>> FEI Generalversammlung
>> “Steve Guerdat: Plädoyer für Rückkehr zum alten Olympia-Modus mit vier Reitern”, 17.11.2021
Dieser Text wurde von EQUESTRIAN WORLDWIDE – EQWO.net verfasst. Das Kopieren des Text- und Bildmaterials ist nicht gestattet.