CM | EQWO #Glücksmomente – Das Leben mit Pferden hält immer wieder Überraschungen und besondere #Glücksmomente bereit. Im Advent gehört die EQWO Bühne unserer Community. Jeden Tag öffnet sich ein Türchen im EQWO.net Adventkalender und ein Leser erzählt über seinen persönlichen Glücksmoment. Manchmal sind es die Erinnerungen an den verstorbenen vierbeinigen Gefährten, für andere sind es Augenblicke, die besonders glücklich machen.
Heute erzählt Astrid Ferner von ihrer anfangs nicht sehr motivierten Haflingerstute Sissy:
Ich möchte dir heute die Geschichte erzählen von meinem Herzenspferd Sissy, die mit dem Arbeitsumfeld “Bahn” vor ein paar Jahren noch nichts anfangen konnte. Warum es zur fehlenden Motivation in diesem Umfeld gekommen ist, was uns beide blockiert hat, weshalb wir nie aufgegeben haben und über unseren Meilenstein den Galopp.
„Die stärksten Menschen sind nicht die, die immer gewinnen. Es sind die, die niemals aufgeben!“
Sissy hatte viele Blockaden am Reitplatz. Sie hat ihn erstens nicht als Arbeitsplatz aufgenommen und zweitens hatten wir eine gemeinsame schlechte Trainererfahrung am Reitplatz gemacht. Die damalige Stunde war zu intensiv mit zu viel Galopp für Sissy und auch für mich zu fordernd, zu verurteilend und streng. Geendet hatte sie in einer buckelnden Sissy und einem durchnässten Pferdemädchen. Nach dieser Erfahrung fiel es uns schwer, uns einerseits mit dem Reitplatz anzufreunden und andererseits uns auf einen Trainer einzulassen und hier Vertrauen zu fassen. Also gingen wir erstmal eine Zeit lang ausschließlich ins Gelände, bauten ein Schutzschild um uns auf und unternahmen eigene Versuche am Reitplatz, aber wie bereits erwähnt konnte Sissy damit nicht viel anfangen und wollte sich hier kaum bewegen, obwohl sie im Gelände gern und flott unterwegs war. Beim Vorbesitzer wurde sie am Reitplatz von Kindern geritten und es fehlte der Bezug zur motivierten Arbeit in diesem Umfeld.
Wir stellen uns unseren Blockaden
Unser Vertrauen zueinander ist riesig. Das war es schon immer. Ich hab diesem Pferd von Anfang an voll und ganz vertraut und sie mir. Wir sind gemeinsam bei Schnee und Eis am Boden gelegen, ein Flugzeug hat uns überflogen und ist wenige hundert Meter vor uns gelandet, wir haben einen zweitägigen Wanderritt absolviert und haben unzählige brenzlige Situationen gemeistert – und noch viel mehr tolle Momente erlebt. Also vertraute ich darauf, dass wir es gemeinsam schaffen und unsere Blockaden lösen. Nun begaben wir uns auf die Suche nach einem Trainer. Hier wurden wir erstmal abgewiesen und Sissy leider in eine Schublade gesteckt. Aber wir gingen unseren Weg und wurden fündig. Kurz dazu: Ich kann an dieser Stelle nur darauf appellieren, andere Meinungen zwar ernst zu nehmen, aber immer zu hinterfragen. Es ist wichtig, dass eine gute Arbeitsatmosphäre herrscht, in der an das Pferd und an sich selbst geglaubt wird. Ich mag Trainer mit Feingefühl, die ohne Vorurteile an mich und mein Pferd herangehen, die Ruhe
ausstrahlen und rhetorisch dazu in der Lage sind, zu korrigieren und zu erklären. Dabei ganz wichtig: Ein guter Trainer holt dich und dein Pferd dort ab, wo ihr gerade steht. Zu hohe Erwartungen sind dabei völlig kontraproduktiv.
Aber nun wieder zurück zur Geschichte: Erst galt es, uns beide wieder für den Reitplatz zu begeistern. Die ersten Schritte begannen mit leichten Zirkuslektionen. So war es uns möglich, den Spaß in den Vordergrund zu stellen und spielerisch an uns zu arbeiten. Wir nahmen dies beide sehr gut an, sind daran gewachsen und haben unterschiedliche neue Tricks einstudiert, aber auch an Problemverhalten wie Futtermanier und Schnapptraining gearbeitet. Genau diesen Schritt brauchte Sissy, um den Reitplatz als „Spaßplatz“ kennenzulernen und ich brauchte ihn, denn so schaffte ich es, wieder Vertrauen in andere
Trainer bzw. dritte außenstehende Personen zu fassen. Danach ging es aufwärts und plötzlich war das mit den Trainern alles kein Problem mehr und der Reitplatz für Sissy nicht mehr negativ besetzt.
Da wir es nun richtig angehen wollten, haben wir mit vielen Einheiten in Sachen Bodenarbeit und Kommunikation begonnen. Wir haben uns intensiv damit beschäftigt. Zu Beginn machten wir äußerst kleine Fortschritte, aber es hat uns IMMER Spaß gemacht. Wertgeschätzt wurde jeder noch so kleine Erfolg. Wir erfreuten uns an unserer neuen Aufgabe.
„Es ist wie es ist. Wir nehmen uns so wie wir sind und setzen uns nicht unter Druck, weil irgendwas nicht so ist, wie es vielleicht sein sollte.“
Mit dieser Einstellung und einer Extraportion Zeit und Fleiß haben wir es bis zur Freiarbeit geschafft. Wir konnten innerhalb von 1-2 Jahren solche Fortschritte erleben, die wir uns nie im Traum auch nur ansatzweise gedacht hätten. Das Schöne ist: Ich habe mir von der Bodenarbeit eigentlich gar nicht viel erwartet. Bin völlig ohne Erwartung hinein gegangen und konnte wirklich zusehen, wie Sissy aufblüht. Ohne Seil und ohne Halfter zu arbeiten
und uns beide Schritt für Schritt weiterzuentwickeln ist und war für uns das Größte. Der nächste Grundstein und unser nächstes Ziel war das Reiten, das wir parallel zur Bodenarbeit in Angriff nahmen. Die Bodenarbeit hat dafür die ideale Basis geschaffen,
Sissy konnte die Hilfen vom Boden in den Sattel transferieren und verstehen. Ich war sehr erfreut über unsere Fortschritte in der Bahn, dass Sissy hier nicht galoppieren wollte, habe ich akzeptiert und nicht weiter darüber nachgedacht. Ich wollte uns diesbezüglich keinen unnötigen Druck aussetzen und nichts erzwingen.
„Sissy überrascht mich völlig unerwartet mit einem Galopp in der Bahn. Für mich das wundervollste Geschenk überhaupt!“
Für viele nichts besonders, für uns ein großer Meilenstein: Sissy überraschte mich mit einer Tour im Galopp – natürlich noch sehr unkoordiniert und ganz und gar nicht perfekt, aber sie hat es von sich aus angeboten. Dies wurde natürlich gleich belohnt und seither sind wir schon des Öfteren im Galopp über den Platz gedüst. Wir haben uns unglaublich über diesen Fortschritt gefreut, der völlig unerwartet einfach so passiert ist. Wir sind dankbar,
dass wir immer an uns geglaubt haben, uns nie von unserem Weg abbringen ließen und, dass wir die richtigen Menschen in unser Herz gelassen, auf sie gehört und die anderen hinterfragt und einfach ignoriert haben. Langsam bereitet es Sissy auch unterm Reiter im Arbeitsumfeld „Platz“ immer mehr Freude und das ist eine tolle Basis, auf der wir gerne weiterarbeiten. Wir sind unfassbar stolz auf Sissy, dass sich so viele Blockaden in ihrem
Kopf gelöst haben. Gemeinsam sind wir gewachsen und auch ich habe es in den letzten Jahren geschafft, mich nach unserer damaligen viel zu intensiven Reitstunde wieder Trainern gegenüber zu öffnen. Letztendlich kann ich nur sagen: Ich bin wirklich dankbar für jeden einzelnen unserer Schritte und hoffe, dass wir auch in Zukunft noch viele solcher Schritte und Meilensteine miteinander erleben können. In der Zwischenzeit klappt alles mit einer enormen Leichtigkeit und Sissy und ich sind nicht nur im Gelände, sondern auch in der Bahn, am Langzügel, ohne Halfter und Seil und sogar beim Inline Jöring ein Team.
Dieses Pferd macht einfach alles mit und sie ist für mich die Größte – die treuste Seele, die man sich nur vorstellen kann. Sie tut wirklich alles für mich und das beruht bei uns auf Gegenseitigkeit.
#Glücksmomente