RB – Olympische Geschichte hat der Brite Nick Skelton heute geschrieben. Vom Mann der Olympisches Einzelgold für das Britische Empire holte. Zum ersten Mal nach dem Mannschaftsgold von London 2012 in seiner Geschichte, zum ersten Mal Einzelgold in der britischen Geschichte. Bei der Medaillenehrung und dem Erklingen von „God Save the Queen“ seiner britischen Hymne zitterten die Lippen des alten Haudegens, der schon so viel gewonnen und erlebt hat.
Spannung pur in der 2. Runde
Aber der Reihe nach, denn: das Finale heute bot Spannung pur und war bis zuletzt ein Krimi. Nach inzwischen vier anstrengenden Bewerben seit dem Start der Olympischen Spiele von Rio de Janeiro im Springreiten hatten sich 27 Aktive für diese letzte Runde im Einzelfinale qualifiziert. Nun ging es um Gold, Silber und Bronze. Elf starteten fehlerfrei in diesen letzten, fünften Parcours, der von Pferd und Reiter auf 450 m noch einmal alles abforderte. Nach 10 Hindernissen und 13 Sprüngen, die wieder bis zu 1,60 m hoch und bis zu 1,90 m tief waren, hatten neun Reiter fehlerfreie Runden abgeliefert, doch sechs von ihnen hatten noch immer astreine Konten: Nick Skelton (GBR), Steve Guerdat (SUI) Sheich Ali al Thani (QAT), Kent Farrington (USA), Peder Fredricson (SWE) und Eric Lamaze (CAN). Die Medaillenränge wurden somit wie erwartet im Stechen entschieden und hier zählten Fehler und nun erstmals auch die Zeit.
Stechkrimi bis zum letzten Reiter
Nick Skelton (GBR) eröffnete mit einer Nullrunde. Unfassbar wie stark der Brite reitet, unfassbar wie sensationell sein KWPN Hengst Big Star (Quick Star x Nimmerdor) springt. „Ich wollte den anderen etwas vorlegen“, erklärte Nick später seine Taktik. „Ich musste ihnen ja etwas vorlegen, denn alle, die hier noch nach mir kamen, sind Spitzenreiter mit ebensolchen Pferden. Und Eric (Lamaze) ist immer schnell. Also war meine Taktik fehlerfrei zu bleiben um Druck zu machen und dann zu hoffen, dass das aufgeht.“ Es ging! Denn Olympiasieger (2012 London), Steve Guerdat (SUI), hatte mit Nino des Buissonets (Kannan x Narcos II) gleich am ersten Sprung einen Fehler. Er gab dann noch atemberaubend Gas, was eine Medaille zwar nicht rettete, aber immerhin den 4. Rang wert war. Sheikh Ali Al Thani (QAT) schien mit seinem BWP Wallach First Devision gut unterwegs, kassierte dann aber am drittvorletzten und letzten Stechsprung einen Abwurf (6. Platz).
Nun kamen die letzten drei Stechreiter. Kent Farrington (USA) patzte mit seinem KWPN Wallach Voyeur ebenfalls am ersten Sprung. Peder Fredricson (SWE) steuerte seinen SBS Wallach All In fehlerfrei über die Hindernisse, war aber knapp eine Sekunde langsamer als Skelton. Damit lag Nick Skelton noch immer auf Goldkurs, Fredricson hatte mit Sicherheit schon zumindest Bronze in der Tasche. Mit angehaltenem Atem verfolgten nun alle den letzten Ritt dieser Olympischen Spiele im Springreiten von Rio. Olympiasieger (2008 Hongkong) Eric Lamaze (CAN) gab Gas. Er musste die Zeit von Skelton unterbieten und fehlerfrei bleiben um zum zweiten Mal Olympisches Gold zu holen. Die Zeit knackte er im Sattel seiner 13-jährigen Fine Lady locker. 43,35 Sekunden! Doch am vorletzten Sprung fiel eine Stange. Damit war Nick Skelton Olympiasieger, Silber ging mit Peder Fredricson an Schweden und Bronze mit Eric Lamaze an Kanada!
„Olympische Medaillen bleiben für immer.“, sagte Eric Lamaze nach seinem Erfolg, „man ist nicht der Reiter, der Aachen oder Spruce Meadows gewonnen hat, sondern der Reiter, der eine olympische Medaille holte. Daran erinnern sich die Leute.“
„Ich weiß, dass ich auf einem sehr guten Pferd sitze. Ich habe ihn 7-jährig in Zangersheide gekauft, schon damals wusste ich, dass dieses Pferd besonders ist. Nun ist er zehn und hat sich an der Spitze bewiesen“, meinte Peder Fredricson über seinen SBS Wallach All In (Kashmir van’t Shuttershof x Andiamo Z). „Ich habe mir nichts erwartet, sondern gehofft“, meint der Schwede später bei der Pressekonferenz auf die Frage, was seine Erwartungen gewesen seien, um dann mit trockenem Humor zu scherzen: „Im Stechen wollte ich mein Bestes geben, was mir leider nicht gelungen ist, weil ich langsamer war.“
Die unglaubliche Geschichte des Nick Skelton
Viele Rekorde hat Nick Skelton schon aufgestellt. So etwa als er drei Mal mit ein und demselben Pferd (Apollo) das berühmte Hickstead Derby gewann (1988, 1989 und 1990). Oder als er 1987 den britischen Rekord im Mächtigkeitsspringen brach. Damals überwand er auf seinem Lastic erfolgreich 2,31 m. Als Dreijähriger saß er zum ersten Mal im Sattel. Das Welsh Montain Pony hieß Oxo und wurde 39 Jahre alt. Erste Championatsmedaillen holte Nick mit Einzel-Gold und Team-Silber bei den Junioren Europameisterschaften auf Okay.
Sechs Mal war Nick bei Olympischen Spielen dabei. 1988 in Seoul mit Apollo, 1992 in Barcelona mit Dollar Girl, 1996 in Atlanta mit Showtime, 2004 in Athen mit Arko, 2008 in Peking mit Russel, 2012 in London mit Big Star. Einmal (in Rotterdam) war er bei einer Ersatz-Olympiade dabei. Nick Skelton brachte von diesen olympischen Einsätzen 2012 in London einmal Team-Gold nach Hause, heute war es endlich das ersehnte Einzel-Gold.
Jahrzehntelang gehörte der Engländer stets zur Weltspitze, mit Pferden wie Dollar Girl holte er 1.500 Turniersiege. Nach dem Weltcupfinalsieg in Göteborg 1995 erreichte der Brite zwar noch Einzel-Bronze bei der WM 1986 und der EM 1987 (beide mit Apollo), dennoch ging es mit den Erfolgen eher bergab. Nick Skelton erlangte ob seiner Fähigkeit Alkohol zu konsumieren fragwürdige Berühmtheit. Damals sagte er „Ich war nur mehr dabei um dabei zu sein, nicht mehr um zu gewinnen.“
2001 stürzte Nick Skelton mit einem Nachwuchspferd und brach sich den obersten Halswirbel gleich zweimal – er musst drei Monate eingegipst im Krankenhaus verbringen. Dann wurden die Halswirbel vier Monate mittels eines metallenen Stützgestells stabilisiert. Die Ärzte erteiltem ihm Reitverbot und Skelton plante seine Zukunft als Trainer. Doch nach mehr als einem Jahr stellten die Ärzte fest, dass das gerissene Halsband am Wirbel wieder zusammengewachsen war und die abgetrennten Knochen hatten sich wieder an ihren Platz geschoben. 2003 begann er trotz der Einwände der Ärzte wieder zu reiten und schloss mit dem Hengst Arco an seine Erfolge an. 2012 wurde ihm für seine Leistungen für den Pferdesport der Rang eines Officers des Order of the British Empire überreicht. Nun hat der fast 60-jährige als erster Olympiasieger im Springreiten Einzel Geschichte geschrieben. Noch dazu als ältester Medaillist aller Reitsportdisziplinen aller Zeiten und als 100-er Medaillist dieser Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016.
Comeback von Big Star, dem Grenzgenialen
Was für ein Pferd! „Was soll ich sagen“, meint Nick Skelton über Big Star, „er sprang abartig. Wie vom anderen Stern, aber das tut er immer. Er war lange verletzt, hat sich wieder zurückgekämpft. Wir haben sehr viel Zeit in ihn investiert und die war es wert. Big Star will immer drüber, er will immer alles geben. Er ist das beste Pferd meines Lebens!“
2013 setzte eine Verletzung am Griffelbein den mächtig springenden Hengst außer Gefecht. Welch Ironie wo doch exakt in diesem Jahr Nick Skelton seinen Big Star nach dem Sieg im Grand Prix von Aachen schonte und nicht zur EM nach Herning (DEN) mitnahm. Er wollte mit ihm den Rolex Grand Slam (Aachen, Spruce Meadows, Genf) angehen. Im November 2013 startete er dann das Training wieder, im Februar 2014 war Big Star bei den WEF am Start und das Ziel in diesem Jahr hieß World Equestrian Games 2014 in Caen. Doch im Juli fiel der Hengst nach der GCT von Estoril neuerlich aus. Diesmal war es eine Verletzung am Fesselträger. Erst im Jänner 2016 sah man Big Star bei den WEF wieder, dann kam der nächste Ausfall wegen einer kleineren Verletzung, die sich entzündet hatte. Das Comeback wurde im Mai in La Baule gefeiert. Big Star lieferte unter Nick Skelton eine Doppelnullrunde im Nations Cup und war damit wieder im Gespräch für die Olympischen Spiele. Skelton und Big Star gewinnen nach Team-Gold 2012 in London nun hier in Rio auch gemeinsam Einzel-Gold! Geschichten, die das Leben schreibt. Heute mit einem doppelt schönen Ausgang und da darf einer auch bei uns nicht unerwähnt bleiben: Big Stars Pfleger Mark Beever. “ Mein Pfleger ist seit 31 Jahren bei mir. Wen man dann realisiert wie viele Stunden am Tag er mit diesem Pferd (Big Star) zusammen ist, das ist unglaublich. Er kümmert sich täglich neun Stunden um ihn“, dankt Nick Skelton seinem Mark bei der Pressekonferenz. Chapeau!
OLYMPISCHE SPIELE RIO de JANEIRO
ERGEBNIS EINZEL SPRINGREITEN
GOLD: Nick Skelton (GBR) Big Star – 0 / 42.82 (Stechen)
SILBER: Peder Fredricson (SWE) All In – 0 / 43.35 (Stechen)
BRONZE: Eric Lamaze (CAN) Fine Lady 5 – 4 / 42.09 (Stechen)
4. Steve Guerdat (SUI) Nino des Buissonnets – 4 / 43.08 (Stechen)
5. Kent Farrington (USA) Voyeur – 8 / 42.23 (Steche)
6. Sheikh Ali Al Thani (QAT) First Devision – 8 / 45.03 (Stechen)
7. Jeroen Dubbeldam (NED) Zenith – 1 (2. Runde)
8. Matias Albarracin (ARG) Cannavaro 9 – 2 (2. Runde)
9. Christian Ahlmann (GER) Taloubet Z – 4 (2. Runde)
9. Daniel Deusser (GER) First Class – 4 (2. Runde)
> Ergebnislink Finale Springreiten – Olympische Spiele Rio de Janeiro 2016
EQWO.net berichtet LIVE aus Rio de Janeiro
PROGRAMM SPRINGEN RIO 2016
14. August: 1. Bewerb
zählt für Einzel- und Teamwertung
ab 10:00 Uhr (15:00 Uhr)
–> die besten 60 Einzelreiter und alle Teamreiter qualifizieren sich für die 1. Nationenpreisrunde
16. August 2016: 2. Bewerb (1. Nationenpreisrunde)
zählt für Einzel- und Teamwertung
ab 10:00 Uhr (15:00 Uhr)
-> startberechtigt sind: die besten 60 Einzelreiter und alle Teamreiter aus dem 1. Bewerb
–> die besten 45 Einzelreiter und die besten 8 Teams qualifizieren sich für die 2. Nationenpreisrunde
17. August 2016: 3. Bewerb (2. Nationenpreisrunde)
zählt für Einzel- und Teamwertung
ab 10:00 Uhr (15:00 Uhr)
-> Medaillenentscheidung Team
-> startberechtigt sind: –> die besten 45 Einzelreiter und die besten 8 Teams aus dem 2. Bewerb
-> die besten 35 qualifizieren sich für die 1. Runde von Bewerb 4
19. August 2016: 4. Bewerb (1. + 2. Runde)
zählt für Einzelwertung
ab 10:00 Uhr (15:00 Uhr)
-> Medaillenentscheidung Einzel
-> Punkte beginnen wieder bei Null
1. Runde
-> startberechtigt sind die besten 35 Einzelreiter aus dem 3. Bewerb (jedoch max. 3/Team)
-> die besten 20 qualifizieren sich für die 2. Runde
2. Runde
-> startberechtigt sind die besten 20 aus Runde 1
-> bester Reiter aus 1. und 2. Runde wird Olympiasieger
-> bei Strafpunktegleichheit = Stechen
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Startlisten & Ergebnisse
> Starts & Results
Berichte – Springen Rio
> Rio 2016: Der Parcours von Runde zwei im Einzelfinale der Springreiter
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> Rio Springen Finale: 11 Null nach Runde A – Zwei mit 1 Zeitfehler
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> Springen nach 1. Runde: 24 Null – Verweigerungen + Stürze
> Breaking News: Cassio Rivetti wegen Bloodrule disqualifiziert
> Breaking News: Nächste Disqualifikation in Rio wegen Bloodrule
Zeitplan
> Zeitplan Olympische Spiele Rio 2016
Ergebnisse
> Zwischenergebnis Springen Einzel Olympische Spiele Rio de Janeiro 2016
Qualifizierte
> Alle Qualifizierten für den 2. Bewerb
Erklärung zum Reglement
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TV- und Livestream
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Infos:
> Infos zu den Olympischen Spielen gibt es also direkt auf EQWO.net
Offizielle Website
> www.rio2016.com
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