Pferdesport – Das FEI Weltcup Finale im saudi-arabischen Riyadh polarisiert aktuell stark in den (sozialen) Medien, Stichwort: Sportswashing, dem „Freikaufen“ von Menschenrechtsverletzungen. Während das australische Online-Magazin „The Horse Magazine“ oder der deutsche „St.GEORG“ einen (Teil-)Boykott angekündigt haben, engagiert die FEI Influencer:innen zur Berichterstattung.
2024 wurden mit dem Weltcup Finale und den „Play Offs“ der größen Serie im Springsport, der Global Champions Tour, gleich zwei große Reitsport-Events nach Saudi-Arabien vergeben. Damit folgt der Weltreiterverband FEI anderen Sportverbänden, wie beispielsweise der FIFA (Welt-Fußball-Verband), deren Weltmeisterschaft 2022 im arabischen Wüstenstaat Qatar austrug. Beides Staaten deren Politik und Kultur mit der Unterdrückung von Frauen, der Kriminalisierung der LGBTQI+ Gemeinschaft oder einer unfaire Behandlung von Gastarbeitern auf sich aufmerksam gemacht hat.
Redakteur Christopher Hector des australischen Magazins „The Horse Magazine“ hat sich daher gegen ein Berichterstattung aus Saudi-Arabien entschieden und veröffentlichte die Gründe auf seiner Website:
„Der einzige Grund, warum die Saudis Milliarden von Dollar für den Kauf von mitschuldigen Sportarten ausgegeben haben, ist der Versuch, ihren Ruf auf der Weltbühne zu verbessern – vergessen Sie die politischen Gefangenen, die Unterdrückung von Frauen und der LBGT-Gemeinschaft, die Ermordung eines mutigen Journalisten in einer saudischen Botschaft auf Befehl ihres Staatschefs, vergessen Sie sogar die schändliche Behandlung von Tieren und die erschreckende Bilanz von Dopingverstößen bei ihren Langstreckenrennen – lehnen Sie sich einfach vor dem Fernseher zurück und genießen Sie den spannenden Sport. Und erfreuen uns an den Preisgeldern und den saftigen Gebühren für die FEI.“
Auf Social Media bekam er dafür viel Zuspruch, aber auch Gegenargumente: Der Reitsport und speziell die westlich geprägten Disziplinen wie Dressur- und Springreiten in Arabien wären erst am Entstehen und Wachsen und jetzt der ideale Zeitpunkt dort eine jüngere Generation positiv zu beeinflussen und westliche Werte, beispielsweise was das Tierwohl und die Doping-Politik angeht, anzubringen.
Der Chefredakteur der St. Georg, Jan Tönjes, gab seinen Teil-Boykott nur wenige Tage später (15.4.) mit dem Kommentar „Warum der St. Georg nicht ausführlich von den Worldcup-Finals berichten wird“ bekannt. Der Artikel begründet die Entscheidung mit der fehlenden freien Meinungsäußerung, der Todesstrafe im Land, Menschenrechtsverletzungen und Sportwashing. Welche Informationen die Berichterstattung doch oder nicht beinhalten wird, ließ er sich dabei noch offen. Spannend bleibt, ob mit dieser Entscheidung des größten Pferdesport-Magazins Deutschlands auch andere Medien mitziehen werden.
FEI engagiert europäische Influencer:innen
Ausreichend Berichterstattung aus Riyadh wird es dennoch geben, denn der Weltreiterverband und der Veranstalter schicken europäische Influencer:innen nach Saudi-Arabien, um die Follower auf diversen Social Media Plattformen mitzunehmen. Nichts Außergewöhnliches – auf diese Methode des Marketings greifen mittlerweile viele Organisations-Teams auch auf großen Turnieren in Europa zurück. Zum Problem wird das in Kombination mit einem Medien-Boykott, wenn nämlich unabhängige Medien nicht mehr berichten und die User:innen bzw. Leser:innen hauptsächlich den gekauften Content zu Gesicht bekommen.
Was soll EQWO.net machen?
Die Vergabe des Events nach Saudi-Arabien hat natürlich auch bei uns Diskussionen bezgl. der Berichterstattung angefacht: Der verheerende Krieg im Jemen, die Inhaftierung von Frauenrechtlerinnen, die öffentlichen Hinrichtungen, die grausamen Strafen, die Folter in Gefängnissen, die Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen, die Strafmaßnahmen der saudi-arabischen Behörden, die unnachgiebige Verfolgung friedlicher Menschenrechtsverteidiger:innen, Journalist:innen oder Akademiker:innen und nicht zuletzt der Mord an dem regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi – Saudi-Arabien steht aufgrund seiner Menschenrechtsverletzungen weltweit scharf in der Kritik.
Boykott or not?
Was bewirkt die (Teil-)Boykottierung durch Pferdesportmedien? Als EQWO.net-Redaktion sehen wir die Vergabe des FEI-Highlights Weltcup-Finales, wie auch die Neuvergabe der GCT-Play-Offs nach Riyadh ebenso kritisch, wie viele andere. Von den oben genannten Menschenrechtsverletzungen bis hin zu deren Umgang mit Pferden – Stichwort Distanzreiten – ist es bedenklich. Doch wir wissen nicht erst seit gestern, dass diese beiden Events nach Saudi-Arabien vergeben wurden, ebenso wie die Global Champions Tour Etappe in Doha, Qatar, oder diverse Springsportserien im arabischen Raum.
Als unabhängiges österreichisches Pferdesportportal wollen wir uns den sportlichen Leistungen unserer Sportler:innen widmen. Als Team-EM-Bronzemedaillen-Gewinner, Weltranglisten-Achter und (wir lehnen uns nicht weit aus dem Fenster bei der Annahme) Fix-Olympiastarter ist Max Kühner aktuell in absoluter Topform, zuletzt trumpfte er mit einem zweiten Rang in Miami und einem sechsten Platz im Großen Preis von Mexico City auf.
Entscheidend bzgl. der Berichterstattung ist für uns, wie berichtet wird. Nämlich kein bloßes Copy-Paste der geschönten FEI-Pressemitteilungen die über ein „Spektakel in der Wüste“ sprechen, sondern ein sich auf den Sport konzentrierendes und kritisches Berichten durch unabhängige Medien.
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Weiterführende Links:
>> Website WC Finals Riyadh 2024
>> Meldung St. GEORG
>> Meldung The Horse Magazine
Dieser Text wurde von EQUESTRIAN WORLDWIDE – EQWO.net verfasst und ist keine Pressemitteilung. Das Kopieren des Text- und Bildmaterials ist nicht gestattet.