Springreiten, Geburtstag | Ruth M. Büchlmann – Happy Birthday Thomas Frühmann!
Einer wie keiner!
Er hat einen unnachahmbaren Stil und ein Feingefühl im Sattel, wie es sich viele wünschen. Seine Karriere baut auf großem reiterlichen Talent auf, aber auch auf Ausdauer, Leistungsbereitschaft, dem Hineinhorchen in die Pferde und dem Sein-Lassen. Thomas Frühmann ließ seinen Pferden ihren eigenen Stil. Wie etwa damals Daphne, die vom Stall Schockemöhle zu Thomas kam und als höchst schwierig verschrien war. Die Stute war schwierig im Maul, hektisch, nervös und nur mit Hackamore zu reiten. Thomas ritt sie auf Trense und von Sieg zu Sieg. Auch sein Spitzenpferd Donau von Fritz Ligges war als problematisch verschrien, doch Thomas erkannte ihre große Pferdepersönlichkeit und gab ihr mit ganz individueller Behandlung die Möglichkeit ihre Größe zu zeigen.
Die Sportkarriere von Thomas hat viele Highlights wie die Teilnahme an Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, dem Sieg im Weltcupfinale (1992), viele Grand Prix Siege und der Titel “Rider of the year”. Mit seinem Lebenspferd “The Sixth Sense” feierte er späte Karrieresiege.
Eine Karriere, die auf unglaublichem Talent und Feingefühl basiert und mit Mut, Offenheit, Ausdauer, aber vor allem auch eigener Leistung an die Weltspitze führte. Geformt aus Höhen und Tiefen, Sieg und Niederlage und der Liebe zum Pferdesport. Das alles und noch viel mehr macht Thomas Frühmann aus. Hier ist ein Portrait eines Ausnahmereiters, der immer seinen eigenen Weg gegangen ist. Aber lest selbst…
Vaters Wunsch, Mutters Einfluss
Bereits mit zehn Jahren weiß Thomas, dass er Springreiter werden will. Das und nichts anderes! Auch wenn sein Vater, ein bekannter Psychiater in Thomas Geburtsort Wien, für seinen Sohn ebenfalls die Arztkarriere als den erstrebenswerten Beruf ansieht. Den Grundstein zur Pferdeliebe legt seine reitbegeisterte Mutter.
Thomas sammelt nach anfänglicher Scheu vor den großen Pferden erste Erfahrungen im Reitinstitut in der Barmherzigen Gasse in Wien und Jugendreitlagern in Wiener Neustadt. „Das erste Springen meines Lebens habe ich in Laxenburg auf einem Schulpferd gewonnen. Ein Traum!“
Die Schule hingegen war vor allem im TGM (Technisches Gewerbemuseum) für den Arztsohn fürchterlich. „Ich bin etwa eineinhalb Jahre vor der Matura mit 360 reitbedingten Fehlstunden, davon waren wiederum rund 290 unentschuldigt, ausgeschieden.“ Statt dem Abitur wartet nun auf den wissbegierigen 17-Jährigen eine Lehre bei keinem Geringeren als Ottokar Pohlmann, der sich nicht nur als Olympiateilnehmer in der Military (1960 in Rom) einen Namen gemacht hat, sondern später auch durch den von ihm 1972 gebauten Cross, der zum Paradebeispiel für Fairness in der olympischen Geschichte avanciert. Nach den Pohlmann-Lehrjahren kehrt Thomas nach Österreich zurück und findet unter anderem in Ing. Haltmeyer einen wichtigen Förderer, der ihm die Pferde FBI, Leonardo und SOS zu Verfügung stellt. Gut Andlershof unweit von Wien ist seine neue Heimat, FBI und SOS die Partner für den Start in den großen Sport.
Schwierige geknackt
Immer wieder kreuzen als schwierig eingestufte Pferde Thomas‘ Weg: Daphne, von der es heißt „Wenn Du vom großen Sport wegkommen willst, dann reite Daphne“ oder später Donau, von der man es nicht für möglich hält, mit ihr Erfolge zu haben. Thomas erkennt jedoch in ihr eine große Pferdepersönlichkeit, feiert mit ihr viele Siege und startet mit der Stute zum großen internationalen Erfolg.
„Alles was ich gemacht habe war immer einem Ziel unterworfen. Im Sport nach vorne zu kommen, besser zu werden.“ Doch um im Springsport international wirklich herauszukommen, gibt es in Österreich einfach zu wenige Möglichkeiten. Im Jahr 1981 lernt er eines Abends mit Alwin Schockemöhle einen der weltweit erfolgreichsten Springreiter kennen. Die langen Gespräche enden mit Alwins Worten: „Thomas, wenn es nicht mehr geht, dann pack deine Pferde zusammen und komm zu mir“. Auf das sollte der Österreicher noch zurück-greifen, doch vorerst vermittelt ihm Georg Ahlmann, Vater von Christian Ahlmann, einen Job im Heidener Gestüt Römersee, dem Schaffensort von C&A Mitbesitzer Gerhard Brenninkmeyer. Der Österreicher findet für drei Jahre ein Paradies. Dann stirbt ‚Brenni‘ an einem Infarkt. Freund Alwin Schockemöhle hat die eigenen Worte nicht vergessen und holt den Mann mit dem „Gott begnadeten Talent“ in den eigenen Turnierstall im Oldenburger Land. Der Erfolgreiche fasziniert ihn, die Art, auf die Pferde eingehen zu können, sie in ihrer Art zu lassen und dennoch zu Höchstleistungen anzuspornen.
Thomas gehört zu diesem Zeitpunkt bereits zur Spitze. Gewann mit der rot-weißroten Equipe, 1980 bei „Ersatz-Olympia“ in Rotterdam (NED) Bronze und hatte dabei mit seiner Stute Donau nicht nur als einer von lediglich drei Reitern den Nationenpreis mit zwei Nullrunden absolviert, sondern auch mit neun Starts und neun fehlerfreien Ritten für weltweite Furore gesorgt.
Höhenflüge und Durststrecken
Es scheint, als könne Thomas nichts mehr stoppen. Der Mann mit der feinen Hand und dem eigenwilligen Stil gewinnt unter anderem drei Mal das Deutsche Derby in Hamburg, wird 1990 Sieger im Großen Preis von Aachen, holt auf dem unvergesslichen Schimmel Genius 1992 im kalifornischen Del Mar (USA) den Weltcup und nur wenige Monate danach kam Olympisches Silber mit dem Team (Thomas Frühmann/ Genius, Hugo Simon/Apricot D, Boris Boor/Love me Tender, Jörg Münzner/ Graf Grande) in Barcelona (ESP) dazu.
Zwischendrin werden am 15. Mai 1990 die sportlichen Höhenflüge von privater Seite getoppt: Thomas Frühmann wird zum ersten Mal unglaublich stolzer Vater. Sohn Daniel, der heute mit seinen 30 Jahren an den ganz jungen Frühmann erinnert, erblickt das Licht der Welt. Doch der Richtungswechsel in der Karriere des österreichischen Ausnahmereiters beginnt, wie so oft, nach den größten Erfolgen. Genius wird nach Mexiko verkauft, Grandeur und Lamor scheiden gesundheitsbedingt aus dem Sport und für seinen Sohn Daniel ist 1995 die Einschulung nicht mehr weit entfernt.
„Von Deutschland wieder weggehen zu müssen, war im ersten Moment nicht so schlimm, die Weltklassepferde waren weg, Daniel sollte immer schon in Österreich in die Schule kommen und ich hatte ja den Bau eines Reitstalls in Aussicht.“ Die Versprechungen des vermeintlichen Partners enden indessen für Thomas in einer nicht vorhersehbarer Pleite und einer gar nicht einfachen Zeit: „Ich bin mit riesigen Versprechungen nach Salzburg gewechselt und das ist innerhalb von zwei Jahren wiederum riesig in die Hose gegangen. Da war die Normalität gleich wieder da.“ Österreichs Vorzeigereiter ist beruflich und privat in der Krise. Viele so genannte Freunde fallen weg, finanziell wird es eng. Zukunftsängste? „Ja, in dieser Zeit habe ich echt nicht gewusst, wie es weitergeht.“
Nicht ohne Lilli
Doch es gibt auch Wegbegleiter, die weiter an ihn glauben, ihn unterstützen oder ganz einfach nur ehrliche Freunde sind. Vor allem aber gibt es Lilli: Pferdebegeistert,
selbstbewusst, warmherzig und stark: Thomas‘ Liebe. Die Beiden tingeln mit den Pferden durch Österreich und Italien. Halten sich mit kleinen Sponsorverträgen und Gewinngeldern über Wasser. Wie man sich da fühlt. Als gefallener Großer? „Nein. Zufrieden waren wir“, kommt einträchtig von beiden, die sich zurück erinnern und deren Augen strahlen. „Eine wunderschöne Zeit war das. Wir haben am gleichen Strang gezogen. Und wir hatten Erfolg. Eben auf Ein- oder Zwei-Sterne-Turnieren, aber ich hatte nie ein Problem damit, zwei Schritte zurück zugehen. Das Wohnwagenerlebnis war für mich neu… und wunderschön. Noch heute gilt für mich: Ich fahre lieber mit Lilli im Wohnwagen los, als alleine ins Hotel.“
Mit der Stärke, die in ihrer Gemeinsamkeit liegt, fasst Thomas auch innerlich wieder Fuß und der November wird zum Monat der familiären Highlights: Im November 2002 heiraten die Beiden, im selben Monat wird Thomas zum zweiten Mal Vater, Sohn Markus liegt in seinen Armen und drei Jahre darauf im November sorgt Klein-David für viel Action im Hause Frühmann.
Wie Phönix aus der Asche steigt Thomas dann im März 2004 auch sportlich wieder in die internationalen Top-Sphären auf und feiert ein unglaubliches Comeback, das ihn in den weltweiten Mittelpunkt des Öffentlichkeitsinteresses rückt. Ermöglicht durch den Kauf des Westfalenwallachs The Sixth Sense, den seine – ihm freundschaftlich verbunden gebliebene – erste Frau Serena Hamberg möglich macht.
Thomas‘ zweiter wahrlich unglaublicher Siegeszug seines Lebens beginnt mit dem feinsinnigen Pferd, das ideal zum Reiter mit „dem goldenen Gefühl fürs Pferd“ passt. 2004 gewinnt er mit dem Zorro T-Sohn nicht weniger als acht Große Preise. Eine unglaubliche Serie mit vielen Grand Prix-Siegen beginnt und hält mit dem Sieg im Weltcup von Genf 2005, den Weltcup-Siegen von Leipzig und Vigo 2006, dem Sieg als erster nicht-deutscher Reiter der Riders Tour Gesamtwertung 2006, dem zweiten Platz in der Global Champions Tour 2006, dem besten Pferd-Reiter-Paar 2006, dem Titel „Erfolgreichstes Springpferd des Jahres“ 2006, dem zweiten Platz in der Riders Tour Gesamtwertung 2007 und unzähligen weiteren Erfolgen bis zum Jahr 2009 an. Dann verletzte sich der feinfühlige Wallach und musste erst mal aus dem Sport herausgenommen werden.
„Ich liebe dieses Pferd, es ist mit Abstand das beste Pferd meines Lebens“, sagt Thomas – einer, von dem man meint, dass er doch in seiner bisherigen großen Karriere immer besondere Rösser unter dem Sattel hatte. Der bereits an drei Olympischen Spielen, vier Weltmeisterschaften und nicht weniger als acht Europameisterschaften teilgenommen und dabei das Weltcup-Finale 1992 in Del Mar sowie unzählige Große Preise gewonnen hat. Die paar äußeren Mängel von The Sixth Sense, wie die schiefe Hüfte oder das fehlende Lippenstück interessieren ihn dabei nicht, sondern werden zum Markenzeichen.
Als legendär bezeichnete er die Leistungsbereitschaft und Sprungkraft seines Wallachs, die Leichtigkeit mit der er Hindernisse überwindet, aber auch seine Zickigkeit: „Er sieht und hört alles und er ist nicht einfach. Wenn man zum Abreiteplatz reitet, hat man das Gefühl zig Mal herunterzufalllen, bevor man überhaupt ankommt. Dort braucht er dann sein Herumgehopse und im Parcours geht er nicht am Zügel.“ Ob man das nicht hinbekommen kann? „Nein. Ich lasse ihn einfach, wie er ist und im Parcours ist er dann voll bei der Sache … und ich schwör’s Dir: Der ist ein Mensch“, sagte Thomas, der feinsinnige Spezialist damals über The Sixth Sense – seinen kongenialen Partner.
2016 ist es nach unzähligen Erfolgen soweit, Thomas zieht gemeinsam mit The Sixth Sense den Hut, verabschiedet den Wallach und sich selbst aus dem internationalen Turniergeschehen im Rahmen des Vienna Masters. The Sixth Sense findet bei Karin und Elisa Reichl in Kuchl bei Salzburg seinen Alterssitz. Thomas besucht ihn regelmäßig und empfindet dies als “Balsam für seine Seele”. Er selbst ist als erfahrener Trainer international unterwegs und gibt sein unschätzbar wertvolles Know-how an seine Schüler weiter. Legendär war Thomas immer schon – legendär wird er bleiben – als Mensch, als Freund, als Reiter.
HAPPY BIRTHDAY lieber Thomas!
Danke für Deine Freundschaft und so viele Gänsehautmomente!
Ruth
Auszug aus den Erfolgen von Thomas Frühmann
Olympische Spiele
21. Platz Einzel und Silber Team 1992 Barcelona mit Genius 1992
33. Platz Einzel und Bronze Team Rotterdam mit Donau 1980*
38. Platz Einzel und 11. Platz Team Montreal mit Star Favorit 1976
*1980 Rotterdam (NED) – Ersatz-Olympiade
World Equestrian Games
46. Platz Einzel und 10. Platz Team Aachen mit Porter 1986
26. Platz Einzel und 11. Platz Team Dublin mit Pedro 1982
Bronze Team Rotterdam mit Donau 1980
40. Platz Einzel und 10. Platz Team Aachen mit F.B.I. 1978
World Cup Final
1. Platz Del Mar 1992 (Genius)
Europameisterschaften
28. Platz Einzel und 10. Platz Team La Baule 1991
17. Platz Einzel und 7. Platz Team Rotterdam 1989
4. Platz Einzel und 6. Platz Team St. Gallen 1987
33. Platz Einzel und 8. Platz Team Dinard 1985
11. Platz Einzel und 6. Platz Team Hickstead 1983
27. Platz Einzel und 7. Platz Team Monaco 1981
44. Platz Einzel Rotterdam 1979
26. Platz Einzel und 9. Platz Team Wien 1977
Weitere Erfolge
8 Siege in Weltcupspringen
1 x Sieger der DKB Riders Tour 2006 (2. Platz 2007)
2. Gesamtrang Global Champions Tour 2006
1 x Sieger des GP CHIO Aachen 1990
3-facher Sieger im Hamburger Derby (1988, 1990, 1991)
9-maliger Österreichischer Staatsmeister im Springreiten
(1977, 1980, 1984, 1987, 1990, 1995, 1996, 1999, 2013)
Österreichischer Mannschaftsmeister 1998
3-maliger Gesamtsieger Casino Grand Prix (1987, 1991, 1997)
32 Siege in int. Grand Prix
(darunter 3-facher Sieger des Audi Grand Prix Wien und 1 x Sieger des Amadeus Grand Prix Salzburg)
ca. 800 Siege in der Klasse „S“
x-facher Führender der Top of Austria
Auszeichnungen
1992: Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich
Lieber Thomas, das gesamte Team von EQUESTRIAN WORLDWIDE – EQWO.net wünscht dir zu deinem Geburtstag von ganzem Herzen alles Gute und noch viele weitere, gesunde Jahre!
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