Pferdehaltung – Bald geht’s los! Pferde, Besitzer:innen und Stallbetreiber:innen warten schon sehnsüchtig auf das Anweiden im Frühjahr. Manche haben schon begonnen, bei anderen lässt das Graswachstum auf den Koppeln noch auf sich warten. Für die Pferde bedeutet das Angrasen nach dem Winter erstmals wieder die natürlichste Aufnahme von Grundfutter: Saftiges Weidegras.
Beim Anweiden gibt es einiges zu beachten! Vorsicht ist nicht nur vor Giftpflanzen geboten, sondern auch bei der Umstellung von der reinen Heufütterung oder Heulage/Silage auf Weidegras. Diese Phase ist aus ernährungsphysiologischer Sicht eine kritische Zeit. Sie bedeutet eine Umstellung für den gesamten Organismus, vor allem für die Darmflora. Mit dem richtigen Anweide-Management können Verdauungsstörungen wie z.B. Kotwasser, Koliken bzw. fütterungsbedingte Hufrehe durch das frische Grün vermieden werden. Wir haben euch hier die wichtigsten Infos zusammengefasst:
Weniger ist mehr!
Dieses Motto sollte vor allem beim ersten Angrasen im Frühjahr eingehalten werden. Als Faustzahl für den richtigen Anweide-Zeitpunkt bei Pferden gilt: „Bierflaschenhöhe“. Das heißt, wenn das Gras etwa 15 – 20 cm hoch gewachsen ist, sollte man die Pferde anweiden. 10 bis 15 Minuten Gewöhnungszeit am ersten Tagen genügt, auch wenn die Pferde meistens nicht begeistert sind, wenn sie nach so kurzer Zeit das saftige Grün wieder hinter sich lassen müssen. Eine langsame Umstellung sorgt vor allem dafür, dass sich die Darmflora, insbesondere die Dickdarmflora, an das neue wasser- und zuckerreiche Futterangebot anpassen kann.
Die Reihenfolge macht’s!
Es ist sinnvoll, die ersten Weidebesuche auf den Nachmittag zu verlegen, wenn der Fruktangehalt in den Gräsern noch geringer ist als in den Morgenstunden und sich somit leichter verdauen lässt. In den ersten beiden Wochen des Anweidens im Frühjahr kann man die Koppelzeit jeden Tag um 10 bis 15 Minuten verlängern. Nach dieser Anpassung sind dann auch zusätzliche kurze Phasen am Vormittag möglich. Der Organismus braucht etwa vier Wochen für die Umstellung, danach können die Pferde problemlos über mehrere Stunden auf die Koppel. Sollte das Pferd während des Frühlings/Sommers einige Tage nicht auf die Wiese dürfen, so sollte anschließend wieder mit einer langsamen Gewöhnungsphase begonnen werden.
Nicht nur das richtige Anweiden ist von Bedeutung, auch die Reihenfolge der verschiedenen Futtermittel sollte beachtet werden. Optimal wäre: Heu, Gras, Kraftfutter. So können Koliken vermieden werden und zusätzlich stürzen sich die Pferde nicht mit leerem Magen auf das frische Gras.
Bei einer zu schnellen Umstellung während der Anweidephase kann es zu Durchfall (Kotwasser) oder starken Blähungen (Kolik) beim Pferd kommen. Wenn die Darmflora ins Ungleichgewicht kommt, sterben die faserverdauenden Darmbakterien ab, indem sie platzen. Dabei werden schadhafte Giftstoffe freigesetzt, die wiederum den Stoffwechsel belasten können. Dabei können sichtbare Symptome wie Lahmheiten/Hufrehe, Koliken und stumpfes Fell, aber auch nicht sichtbare gesundheitliche Auswirkungen auf die inneren Organe, wie Herz, Magen, Darm, Leber und Niere auftreten.
Erfrischung an heißen Sommertagen!
Ein ausreichendes Angebot an Wasser auf der Koppel sollte nicht vernachlässigt werden! Gerade bei sehr warmen Temperaturen, wenn die Tiere über mehrere Stunden auf der Weide sind, muss man auf eine ausreichende Wasserversorgung achten. Wichtig ist es auch den Kot regelmäßig von den Weiden zu räumen, um eine starke Verwurmung zu vermeiden.
Während der Weidezeit sollte weiters auf eine ausreichende Mineralstoff- und Spurenelementversorgung geachtet werden, denn gerade im Bereich der Mineralstoffe und Spurenelemente kann es bei reiner Gras-/Heufütterung zu erheblichen Engpässen kommen, wenn kein Ausgleich geschaffen wird. Hier ist eine Versorgung mit hochverfügbaren, organisch gebundenen Spurenelementen wichtig (=Mineralfutter).
Angst vor Hufrehe?
Oft wird eine Überfütterung mit Weidegras mit fütterungsbedingten Hufrehen in Verbindung gebracht. Längst ist bekannt, dass nicht das Eiweiß der „Übeltäter“ ist, sondern vermutlich die so genannten Fruktane. Auch Zucker und Stärke können bei speziellen Stoffwechselerkrankungen der Pferde zu Hufrehen beitragen.
Fruktane sind Kohlenhydrate, die dem Gras als Energiezwischenspeicher dienen und immer dann gebildet werden, wenn die in der Pflanze durch Photosynthese hergestellte Energie nicht zum Wachsen des Grases verbraucht werden kann. Der im Gras enthaltene Fruktangehalt ist somit abhängig von der Sonneneinstrahlung, der Temperatur, vom Nährstoffgehalt des Bodens, der Witterung (trocken, feucht) und letztendlich auch von der Grassorte selbst. Gerade Pferde die schon einmal an Hufrehen erkrankt waren, übergewichtige Pferde oder Pferde die einen „empfindlichen“ Magen-Darm-Trakt haben, sollten nur zu Zeiten geringer Fruktangehalte Weidegang genießen.
Der höchste Fruktangehalt und somit die höchste Rehegefahr gibt es bei Sonne und kalten Temperaturen (< 10 ° C) bzw. Frost. Dadurch ist das besonders hohe Reherisiko im Frühjahr (April, Mai) und auch im Herbst (Oktober, November) zu erklären. Kaltes Wetter und Nachtfrost bedeuten mittlere Fruktangehalte, auch hier gibt es eine Rehegefahr. Im Sommer bei warmen Nächten und sonnigen Tagen ist der Fruktangehalt vormittags am niedrigsten. Ab Mittag kann es für rehegefährdete Pferde unter Umständen schon wieder kritisch werden.
Nährstoffarmer Boden bedeutet oft hohe Fruktangehalte, da die Pflanzen keine Nährstoffe zum Wachsen haben, darum ist es nicht richtig, einfach das Düngen einzustellen, was vielerorts als besonders gut erachtet wird. Auch ständig abgefressene oder kurzgemähte Wiesen führen zu erhöhten Fruktaneinlagerungen im Gras, denn Fruktane werden hauptsächlich im Stängel und nicht in den Blättern gebildet. Deshalb erkranken auch immer wieder Pferde auf abgegrasten Weiden an Hufrehe. Trockenheit führt zu höheren Fruktangehalten im Gras, da das Gras aufgrund fehlender Feuchtigkeit nicht wachsen kann. Großen Wert sollte auch auf ausreichend Bewegung der Pferde gelegt werden: Mit ausreichender Arbeit können viele Stoffwechselerkrankungen im Vorhinein vermieden werden.
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