Dressur – Der dänische TV-Sender TV2 sendete gestern den ersten Teil einer Dokumentarserie über den Trainingsalltag bei Helgstrand Dressage. Die kurzen Ausschnitte, die der Öffentlichkeit außerhalb Dänemarks zugänglich sind, zeigen schockierende Bilder aus der Perspektive versteckter Kameras. Viel zu kurz ausgebundene Pferde an der Longe, grober Umgang mit Schlaufzügeln bis zur Rollkur oder verletzte Pferde. (Ehemalige) Geschäftspartner:innen wie Cathrine Dufour und Patrik Kittel distanzieren sich nun öffentlich, der dänische Pferdesportverband verbannt Andreas Helgstrand sogar aus dem National-Team.
In den letzten Wochen rangen der dänische TV-Sender TV2 und Andreas Helgstrand vor Gericht um die Ausstrahlung einer Dokumentation mit Videomaterial, welches mit versteckter Kamera aufgezeichnet wurde. Nachdem der einstweiligen Verfügung von Helgstrand nicht stattgebeben wurde, war gestern der erste Teil im dänischen Fernsehen zu sehen. Das deutsche Pferdesport-Magazin St. Georg erhielt Einblicke und berichtet in einem Artikel über die genauen Szenen, welche eine dänische Redakteurin undercover als Pferdepflegerin mit versteckter Kamera aufgezeichnet hatte. Einige wenige Ausschnitte sind auf diversen Websites nun aber doch veröffentlicht worden und bieten einen schockierenden Einblick in die Doku.
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Dabei wird ein Großteil der Pferde mit Schlaufzügeln geritten, die Pferdeköpfe heftig hin und her gebeutelt, dabei so eingestellt, dass sie sich in die Brust beißen. Auf mehreren Aufnahmen ist zu sehen, wie Reiter:innen mit ihren Sporen ausholen und fest auf die Pferde hintreten. Die Konsequenz: Blutende Sporenlöcher, die die Pfleger:innen bei Kundenbesuchen mit Cremen verstecken sollen. Wenn ein Pferd auf der Kruppe Peitschenstriemen aufweist, soll dies mit einer Decke kaschiert werden. Eine weiter Aufnahme zeigt das Longieren eines Pferdes auf kleinstem Kreis, wobei das Tier so eng und nach außen ausgebunden ist, dass es nur schwer traben kann und sich währenddessen beinahe in die Brust beißt.
Die Zusammenfassung der Tätlichkeiten, die bei Helgstrand Dressage aufgezeichnet wurden, lautet Tierquälerei. Das betonten auch immer wieder die Experten, die der TV-Sender für die Dokumentation herangezogen hatte. Am Ende der Sendung konfrontierte die Redakteurin/Undercover-Pferdepflegerin Andreas Helgstrand höchstpersönlich mit den blutenden Wunden und der brutalen Reiterei seiner Angestellten. Er fragte dabei mehrmals, ob sie das eh nicht aufzeichne, da er nervös sei und nicht in die Medien wolle.
Stellungnahme Helgstrand Dressage
In seinem Statement sowohl gegenüber dem TV-Sender, als auch der Öffentlichkeit gestern nach Ausstrahlung setzt Helgstrand Dressage auf Einsicht und Verbesserungen innerhalb des Unternehmens:
„Was wir in den Aufnahmen von TV 2 sehen, macht einen großen Eindruck auf uns. Das ist nicht in Ordnung. Das ist schlechtes Reiten und eine Behandlung von Pferden, die wir bei Helgstrand Dressage nicht sehen wollen. Es entspricht nicht unseren Richtlinien und Werten und ist kein Ausdruck unserer Kultur. Dies müssen wir korrigieren. Wir sehen, dass es einen Wertewandel gegeben hat, und es liegt in unserer Verantwortung als Management, dafür zu sorgen, dass unsere Ausbildung und der Umgang mit den Pferden auf die bestmögliche Art und Weise erfolgt. In den Programmen können wir sehen, dass dies nicht geschehen ist. Wir können und müssen es besser machen. Deshalb nehmen wir den Inhalt der Sendungen sehr ernst. Wir haben – sowohl vor als auch nach den Dreharbeiten – unsere Arbeitsabläufe gründlich überprüft und eine Vielzahl von Maßnahmen und Verbesserungspunkten für den Tierschutz, unsere Geschäftspraktiken und die Bedingungen für unsere Mitarbeiter eingeführt. […]
Wir können sehen, dass einige unserer Trainingsgeräte bei den Dreharbeiten falsch eingesetzt wurden. Sie sollen das Pferd führen und korrigieren, dürfen aber niemals als Strafe eingesetzt werden. Wir möchten klarstellen, dass Rollkur und übermäßiger Gebrauch von Peitschen oder Schiebezügeln in unserem Zentrum nicht akzeptiert werden. Das Gleiche gilt für das Abdecken von Spuren mit farbiger Creme. Deshalb haben wir klargestellt, dass keine Form von farbiger Creme akzeptiert wird. Wir stellen fest, dass unsere Pferde manchmal Wunden im Maul haben. Das kann vom Knabbern am Maul oder an der Zunge oder vom Knirschen mit den Zähnen herrühren. Dennoch sollte kein Pferd mit Wunden geritten werden, die Pflege und Ruhe erfordern. Wir haben inzwischen einen gründlichen vierzehntägigen Check-up eingeführt, bei dem unsere Stallmanager den physischen und psychischen Zustand unserer Pferde überprüfen.
Wir von Helgstrand Dressage haben uns entschieden, nicht an den Operation X Sendungen über uns teilzunehmen, da wir prinzipiell gegen die Verwendung von verstecktem Filmmaterial durch TV 2 sind. Aber es darf kein Zweifel daran bestehen, dass wir den Inhalt sehr ernst nehmen. Deshalb haben wir uns die Kritik zu Herzen genommen und bereits eine Reihe von Verbesserungen in unserem Unternehmen eingeführt.„
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Geschäftspartner:innen und Reiter:innen distanzieren sich
Auf den sozialen Medien bewirkte die Veröffentlichung erwartungsgemäß eine Welle der Empörung. Auch berühmte Reiter:innen, die in einer Geschäftsbeziehung zu Andreas Helgstrand standen oder stehen, wie Cathrine Dufour oder Patrik Kittel, distanzierten sich öffentlich von den Methoden.
Cathrine Dufour: „Das ist extrem hart und schlechtes Reiten. […] Es ist kein Geheimnis, dass ich vor zwei Jahren mit Helgstrand gearbeitet habe, als ich hier Pferde in Ausbildung hatte. Eine Zusammenarbeit, mit der ich zufrieden war, aber ich war auch nicht in das Tagesgeschäft bei Helgstrand Dressage eingebunden.“
Patrik Kittel: „Ich lehne jede Form von Gewalt gegen Pferde und unerlaubte Trainingsmethoden ab, sowohl im Umgang mit Pferden als auch beim Reiten. […] Outstanding Stables ist Teil der Global Equestrian Group, einer Unternehmensgruppe, zu der mehrere verschiedene Unternehmen und Marken gehören. Ich stehe in engem Dialog mit ihnen, um zu sehen, wie das weiterverfolgt wird.“
Dänischer Verband wirft Helgstrand aus dem Team & beendet Zusammenarbeit in Sachen Turniere
Der dänische Pferdesportverband zieht jedenfalls notwendige Konsequenzen und verbannt den mehrfachen Championatsreiter Andreas Helgstrand aus dem Dressur-Team. Der Däne darf daher auch nicht mehr an Kader-Trainings mitmachen:
„Aufgrund der beiden jüngsten TV-Sendungen von TV 2 und Operation X, „Die Geheimnisse des Pferdemilliardärs“, hat der dänische Pferdesportverband beschlossen, Andreas Helgstrand bis auf weiteres von der Nationalmannschaft und allen Aktivitäten der Nationalmannschaft auszuschließen. […] Als Teamreiter sind sie laut Sportplan u.a. verpflichtet, unseren Verhaltenskodex, die Richtlinien für den ethisch korrekten Umgang mit Pferden im Pferdesport, einzuhalten und ein gutes Vorbild zu sein.“
Weiters wird die Zusammenarbeit in Bezug auf die Veranstaltung von Turnieren beendet. Im kommenden Jahr 2024 betrifft dies die Austragung der Dressur-Meisterschaften der Senioren, U25- und Para-Dressurreiter:innen im Mai, sowie die nordisch-baltischen Meisterschaften in Dressur, Springen, Para-Dressur und Voltigieren im Juni.
Dieser Text wurde von EQUESTRIAN WORLDWIDE – EQWO.net verfasst und ist keine Pressemitteilung. Das Kopieren des Text- und Bildmaterials ist nicht gestattet.