Springreiten – Gerfried Puck, Katharina Rhomberg, Max Kühner und Alessandra Reich machten im heutigen Teamfinale von Mailand die Sensation komplett: Nachdem sie sich das Olympiaticket für Paris 2024 gesichert hatten, gewann das österreichische Team auch noch eine historische Bronze-Medaille! Die erste für ein rot-weiß-rotes Springreit-Team bei einer Europameisterschaft überhaupt und die erste Championatsmedaille seit 1992.
Dass der Tag so enden würde, hatte lang niemand voraus gesehen. Einzelreiter Stefan Eder (OÖ) hatte mit Condaro drei Abwürfe, was erahnen ließ wie anspruchsvoll der heutige Parcours war. Als erster Teamreiter ging Gerfried Puck (T) ins Rennen. Er hatte Naxcel heute besser bei sich, was aber auch eine langsamere Gesamtgeschwindigkeit bedeutete. Sie beendeten den Bewerb ohne Abwurf, dafür mit zwei Zeitfehlern. Währenddessen bei den anderen Olympiaticket-Anwärtern: Italien patzte – Emanuele Gaudiano schied aus und Alberto Zorzi verbuchte fünf Fehlerpunkte, die Spanier blieben zweimal Null.
Katharina Rhomberg (V) und Cuma kamen als nächstes. Die beiden lieferten gestern die einzige Nullrunde der österreichischen Equipe, dementsprechend große Hoffnungen ruhten auf der 30-jährigen Vorarlbergerin. Leider gelang es im dritten Bewerb nicht wie gewünscht, der Parcours fiel dem großrahmigen Comme il faut-Sohn besonders schwer. Drei Abwürfe bedeuteten zwölf Fehlerpunkte und das Team sah die Felle bereits davon schwimmen. Bedeutete dies das Aus für den Traum von den Olympischen Spielen?
Der dritte Italiener im Bunde, Emanuele Camilli, hatte zwei Abwürfe, der Spanier Eduardo Alvarez Aznar nur einen. Österreich rutschte im Zwischenklassement hinter Spanien zurück. Max Kühner musste es nun richten! Groom Elli flüsterte Max beim Einritt zu: “Wenn du Null bist, haben wir das Olympiaticket.” Gesagt, getan. Der Wahltiroler bewies Nerven aus Stahl und pilotierte seinen Elektric Blue P fehlerfrei und in der Zeit ins Ziel. Der italienische und auch der spanische Schlussreiter mussten beide neun Fehlerpunkte hinnehmen. Und es stand fest: Paris 2024, wir kommen! Das erste Mal seit 1996, dass sich ein österreichisches Springreit-Team für die Olympischen Spiele qualifizieren kann! Unglaublich, aber es ging noch weiter!
Österreichs Küken, die 26-jährige Alessandra Reich (OÖ) bewältige den letzten Teambewerb wie eine erfahrene Championatsreiterin. Oeli R sprang gewaltig und brachte lediglich einen unglücklichen Abwurf ins Ziel. Österreich hatte geliefert, nun war es an den anderen Nationen sich ihre Medaillen “abzuholen”.
Vor den letzten Teamreitern war jedoch quasi noch alles offen. Schweden, Deutschland, Schweiz, Irland: Alle Nationen mussten fehlerfrei bleiben um sich Gold bzw. eine Medaille zu sichern. Während das österreichische Team noch über die Olympiaqualifikation jubelte, begannen Einzelne zu rechnen: War eine Medaille noch möglich? Dafür müssten Martin Fuchs (SUI) und Leone Jei zwei Abwürfe haben, Aachen-Sieger Gerrit Nieberg (GER) und Ben mindestens einen. Jürgen Brauchli, unser Schweizer Kollege von “Pferdewoche” schüttelte den Kopf: “Leone Jei hat noch nie zwei Abwürfe gehabt”. Aber es gibt immer ein erstes Mal, und so riss der sensible Schimmel tatsächlich zwei Stangen.
Die Schweiz fiel weit zurück – statt einer Medaille wurde es nur Rang sechs. Zwischendurch lieferte Schwedens Schlussreiter Jens Fredricson einmal mehr ab (Nullrunde 3/3) und führte die amtierenden Weltmeister auch zu EM-Gold. Last to go: Gerrit Nieberg. Für den deutschen ist es das erste Championat, und damit auch das erste Mal als Schlussreiter mit den Erwartungen der größten Pferdenation im Rücken. Und wie auch in den Runden eins und zwei gelang ihm kein fehlerfreier Ritt. Deutschland rutschte auf Rang vier zurück und musste ihrem Lieblingsnachbarn den Vortritt lassen: Die Bronze-Medaille für Österreich stand fest und die Sensation war komplett!
“Das kam wirklich unerwartet! Heute war vielleicht meine wichtigste Runde bislang, es wirklich schöner Tag für uns.”, lauteten die ersten Worte von EM-Bronzemedaillengewinner Max Kühner.
“Unglaublich, ich war mir am Anfang des Turniers nicht sicher, ob es zu früh ist für Oeli, aber er hat es so toll gemeistert, obwohl er zu Beginn wirklich beeindruckt war von der Athmosphäre!”, schwärmte Alessandra Reich bei der Pressekonferenz.
Auch für den championatserfahrenen Gerfried Puck wird der Tag lange Zeit in Erinnerung bleiben: “Das ist ein sehr spezieller Tag. Italien ist mein zweites Zuhause, und die Stimmung hier ganz besonders. Danke auch an Rolf (Anmk.: Goran-Bengtsson) der mich vor Ort unterstützt hat!”
Katharina Rhomberg: “Auch wenn mein Reiten heute nicht das beste war, ich bin überglücklich, dass meine Teamkollegen so abgeliefert haben und uns dieses Ende beschert haben!”
EM-Einzelfinale mit zwei Österreichern
Im Einzelfinale der besten 25 Reiter:innen am Sonntag sind mit Max Kühner (10.) und Gerfried Puck (20.) zwei Österreicher am Start. Der Abstand im Kampf um die Medaillen ist denkbar knapp. So liegen z.B. zwischen Max Kühner – als aktuell Zehntem im Zwischenklassement des Einzelrankings – und Michael Duffy (IRL) als Drittem im Zwischenranking lediglich 3,98 Fehlerpunkte. Jens Fredricson (SWE) ist mit drei Nullrunden der Favorit auf Gold, dahinter liegt mit 0,43 Strafpunkten Steve Guerdat (SUI) und Michael Duffy (IRE/2,18 FP). Das Finale wird spannend!
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