Marbacher Landbeschäler FLEINER v. FLIRT eingegangen
Marbach, 19.08.2015 (HuL Marbach). In seinem 30. Lebensjahr ist der Marbacher Landbeschäler FLEINER gestorben. Er verlebte seinen Ruhestand im Vorwerk Güterstein des Gestütshofs St. Johann, wo er von Hauptsattelmeister Peter Friedrich und seiner Familie sowie den Gestütshauptwärtern Werner Tautermann und Rüdiger Statnik liebevoll umsorgt wurde.
Der Württemberger Hengst, abstammend vom Oldenburger Hengst FLIRT (Hengstlinie des Futuro xx) aus einer Grande-Argus-Matrose-Duellant- Mutter, wurde vom damaligen Landstallmeister Dr. Wolfgang Cranz beim Züchter August Föhr (Erolzheim) entdeckt und als Hengstanwärter auf den Marbacher Vorwerken aufgezogen. 1989 verließ der damals schon imposante Schwarzbraune die Körung in Marbach als Prämienhengst. Seine Hengstleistungsprüfung schloss er mit 127,11 Indexpunkten als Zweiter von 36 Hengsten ab. Schon damals ließ er eine besondere Doppelveranlagung erkennen, die er auch vererbt hat: Im Dressurindex erzielte er 125,40 (5./36) und im Springindex 127,18 (2./36) Punkte. Bis 1996 feierte er Erfolge in S-Springen unter dem Sattel des bekannten Trainers und Turnierrichters Helmut Hartmann.
Ein viertel Jahrhundert im Deckeinsatz
Von 1989 bis 2014, eine viertel Jahrhundert lang während der Amtszeit dreier Landoberstallmeister, war der Ausnahmehengst im Deckeinsatz des Haupt- und Landgestüts Marbach. Seine züchterische Bedeutung nahm mit den Jahren zu, besonders seit seinem Wechsel auf die Servicestation Biberach im Jahr 2004. Anfangs stand FLEINER noch im Schatten seines Vaters FLIRT v. Futuro A.N.-Cyrus-Jason ox, ebenfalls Marbacher Landbeschäler. „FLEINER war zunächst lange nicht so begehrt bei den Züchtern wie sein Vater“, berichtet Peter Friedrich, der den Hengst mit der großen Persönlichkeit über viele Jahre auf der Servicestation Biberach und in der Marstallzeit auf dem Gestütshof St. Johann betreut hat. Über verschiedene Deckstationen, unter anderem Meißenheim, Öhringen und Leutkirch, kam er 2004 auf die Servicestation Biberach.
Peter Friedrich hatte sich einen verlässlichen Allrounder als Landbeschäler für die Stuten im Oberland gewünscht, nachdem RICO, ein ausgeglichenes Verlasspferd, aus der Zucht ausgeschieden war. Mit FLEINER hatte er einen sportlich erfolgreichen, vielseitig einsetzbaren Vererber gefunden, der zudem aufgrund seiner Abstammung zu Stuten fast aller Zuchtrichtungen passte: „FLEINER war unter dem Sattel ebenso leistungsbereit wie im Einspänner oder im Zehnerzug“, schwärmt Peter Friedrich, „Sein Vater Flirt ging erfolgreich Grand-Prix-Dressur, und FLEINER selbst S-Springen. Und über die bewährte Mutterlinie brachte er das gute Grande-Blut mit“.
Der sichere Vererber
FLEINERS Nachkommen sind unkomplizierte, rittige und leistungsbereite Pferde mit tadellosem Charakter und ausgeglichenem Temperament, wie FLEINER selbst eines war. Sie sind zuverlässige Partner mit vielseitiger Veranlagung für alle Disziplinen des Pferdesports. 273 Fohlen von FLEINER haben das Licht der Welt erblickt, davon eine Staatsprämienstute und über 60 im Sport erfolgreiche Pferde. Die Züchter, die ihre Stuten von FLEINER decken ließen, wollten Pferde, die leistungsbereit sind und zugleich im alltäglichen Leben Spaß machen, die unerschütterlich sind in Festumzügen, bei den traditionellen „Blutritten“, beim Geländereiten, bei Schleppjagden, im Gespann, in der Therapie und zugleich gute Lehrpferde in der Ausbildung für Reit- und Fahrschüler – eben einen verlässlichen Freizeitpartner fürs Leben! FLEINER-Töchter sind hervorragende Zuchtstuten, die mit „modernen“ Hengsten regelmäßig prämierte Fohlen bringen.
FLEINER vererbte nicht nur sein hervorragendes Interieur, sondern auch Fruchtbarkeit, Gesundheit und Langlebigkeit. Peter Friedrich erinnert sich an einige Geschichten noch ganz genau: „Es kamen Züchter mit FLEINER-Fohlen bei Fuß, um ihre Stuten erneut von FLEINER decken zu lassen. Die Stuten wollten sich nach dem Decken nicht verladen lassen. Da sind die Fohlen ohne Aufforderung alleine voraus und als erste in den Pferdeanhänger eingestiegen. Das zeigt, wie mutig, selbstbewusst und klar im Kopf die Nachkommen von FLEINER sind“.
Der gute Freund
Bei Züchtern und Pferdefreunden hatte FLEINER eine große Fangemeinde. Ganze Abordnungen aus dem Oberland besuchten „ihren“ FLEINER auf seinem Altersruhesitz, dem Vorwerk Güterstein, zuletzt noch zu seinem Geburtstag im April 2015. Um zu testen, wie gut Auszubildende oder Praktikanten reiten konnten, war FLEINER immer der Richtige. Die Auszubildenden schlossen FLEINER sofort in ihre Herzen und besuchten ihn noch Jahre später, wenn sie bereits andere Wege gingen.
Das Familienmitglied
Während der Zeit auf der Deckstation Biberach schloss die ganze Familie Friedrich FLEINER große Freundschaft mit dem Ausnahmehengst. Er war festes Familienmitglied, und die Kinder Sarah und Selina wuchsen mit ihm auf. Sie trainierten ihre Voltigierübungen auf seinem Rücken und lernten später auf ihm das Reiten. Er passte auf sie auf, orientierte sich an ihnen und bewies im Umgang und beim Spielen mit den Kindern sein unerschütterliches Vertrauen. „Wir hatten ein besonderes Verhältnis und eine große Bindung“, sagt Peter Friedrich.
Bei den allsonntäglichen Familienausflügen war FLEINER meist mit dabei. Entweder saßen die zwei Töchter zusammen ohne Sattel auf FLEINER und Peter Friedrich führte alle drei am Halfter mit durchhängendem Strick spazieren, oder FLEINER wurde vor die Kutsche gespannt und die beiden Töchter fuhren mit ihren Inlineskatern nebenher. Peter Friedrich hat dabei nie Bedenken gehabt, denn Mensch und Tier verband ein tiefes Vertrauen.
„Ich habe FLEINER bereits vor Jahren versprochen, dass ich bis zu seinem Lebensende für ihn da bin und auf ihn aufpasse“, gesteht Peter Friedrich. Dieses Versprechen konnte Peter Friedrich einlösen. Sein großer Freund durfte bis zu seinem letzten Atemzug sein Leben auf dem Vorwerk Güterstein des Gestütshof St. Johann am Fuße der Schwäbischen Alb genießen. Am Tag des Abschieds war die ganze Familie Friedrich an seiner Seite.
Quelle: Pressemitteilung