RB – Was für eine emotionales Einzelfinale in der Dressur dieser Olympischen Spiele in Rio de Janeiro! Höchstnoten, eine tränenüberströmte Charlotte Dujardin mit neuem Rekord, wieder zwei Medaillen für Deutschland und eine vielleicht doch zu niedrig bewertete US-Amerikanerin – das war der Individual Grand Prix Freestyle in wenigen Worten zusammengefasst.
Die besten 18 waren heute im Individual Grand Prix Freestyle startberechtigt. Sie wurden aus 60 Dressurreitern selektiert, die 20 Nationen vertraten. Sie hatten sich in Grand Prix und Grand Prix Special bewiesen und zeigten heute ihre Küren. Diese verlangten von Pferd und Reiter mit Temperaturen um 34 Grad heute noch einmal alles ab.
Erste Marken über 80%
Setzte im zweiten Drittel Hans Peter Minderhoud (NED) mit einem heute ausdrucksstarken Johnson (v. Jazz) und gesamt 80.571% erstmals eine Marke über 80 Prozent, so wurde diese gleich darauf von einem heute quasi fehlerfreien Carl Hester (GBR) auf dem 12-jährigen KWPN Wallach Nip Tuck (Don Ruto x Animo) getoppt. „Ich habe ihn zum Aufwärmen nur Schritt geritten, weil es so heiß war. Aber mehr hat er nicht gebraucht, er war heute so relaxed und echt gut. Ich hatte ein sensationelles Gefühl. Manchmal stimmt das dann nicht mit den Noten der Richter überein, heute jedoch schon. Er hat sich jedes Mal verbessert, echt unglaublich. Es war ein tolles Gefühl“, so der üblicherweise stets zu Scherzen aufgelegte Brite zu seinen 82.553% mit Nip Tuck. Heute hatte der Brite jedoch wenig Zeit für Interviews, denn lediglich vier Reiter später kam seine ‚Schülerin‘ Charlotte Dujardin und ihr sollte er noch beim Abreiten helfen.
Astrein – Kristina & Desperados
Starke Nerven und keine Fehler, das darf man wohl auch von Kristina Böring-Sprehe’s Kür auf ihrem 15-jährigen Oldenbuirger Rapphengst Desperados FRH (De Niro x Wolkenstein II) behaupten. Traumhafte Trabverstärkungen, gesetzte Pirouetten – ein rhythmischer, und elastischer Ritt, bei dem man lediglich einen Fehler am Ende der Zweierwechsel und einen weniger energetischen Ritt bemerkte – das würde wohl eine neue Bestnote werden. Und es wurde! 87.142% bekam die Deutsche für diesen Auftritt, doch noch waren Charlotte Dujardin (GBR), Dorothee Schneider und Isabell Werth (beide GER) nicht im Viereck. „Man hat nach dem Grand Prix Special schon gemerkt, dass Despi langsam müde wird. Hinten hat dann die Tragkraft ein bisschen gefehlt, ich hatte schon ganz schön zu tun. Trotzdem hat er das noch sauber nach Hause gebracht und alles gegeben. Die Galopppirouetten fand ich sehr gut, das ist ja auch eine sehr anstrengende Lektion, in der er sich trotzdem noch sehr gekämpft und sich gesetzt hat.“ Am Ende gab es mit Bronze, die erste Einzelmedaille für Kristina.
Teure Fehler – Dorothee Schneider
Eine Medaille kosteten Dorothee Schneider (GER) wohl ihre Fehler mit ihrem 10-jährigen Hannoveraner Wallach Showtime FRH (Sandro Hit x Rotspon) in der erste Piaffe, im Übergang von der zweiten Piaffe auf die Passage, in den Wechseln und der Galopppirouette. Gesamt 82.946% bedeuteten am Ende den wohl enttäuschenden sechsten Platz. „Bei dem heißen Wetter habe ich schon bemerkt, dass ihm langsam die Karft ausging und sich Fehler eingeschlichen haben. Leider waren es dann ein bisschen zu viel Fehler. Aber nichts desto trotz ist er ein tolles Pferd und ich bin überzeugt, dass er eine große Zukunft hat.“
Die Überraschung – Severo Jesus Jurado Lopez
Mit frenetischem Jubel wurde Spaniens Severo Jesus Jurado Lopez gefeiert. Der Bereiter von Andreas Helgstrand ritt als Draufgabe die Schlusslinie einhändig, schaffte mit seinem Lorenzo 83.625% und damit den fünften Platz.
Der zehnjährigen bayerische Hengst von Lord Loxley-Rubin-Royal ist zwar championatsunerfahren, aber kein Unbekannter. Er wurde von Martin Niedermair (GER) gezogen und war dreijährig als Bundeschampionats-Finalist Vierter. Danach kaufte ihn die dänische Familie Elkjaer-Holm und gab ihn zu Helgstrand in Ausbildung. Erst heuer hatte Severo Jesus Jurado Lopez in den Hengst investiert um an den Olympischen Spielen teilnehmen zu können. Der Plan ist perfekt aufgegangen.
USA on top mit Laura Graves
Eine perfekte Kür lieferte die US-Amerikanerin Laura Graves ab. Im Sattel ihres 14-jährigen KWPN Wallachs Verdades (Florett AS x Goya) gelang ihr eine Kür mit vielen schönen Sequenzen, keinen großen Fehlern, aber vielleicht fehlte der Esprit ein bisschen. 85.196% waren Platz vier bei diesen Olympischen Spielen wert.
Viertes Einzel-Silber für Werth
Als letzte Starterin ritt auch Isabell Werth (GER) um Gold. Doch an die Klasse von Charlotte Dujardin mit Valegro kam die fünffache Goldmedaillen Gewinnerin bei Olympischen Spielen mit ihrer wunderbaren 11-jährigen Oldenburger Stute Weihegold OLD (Don Schufro y Sandro Hit) heute nicht heran. So gab es mit 89.071% Silber für Werth. Das ist bereits das vierte Einzel-Silber für die deutsche Erfolgsreiterin (1992 in Barcelona mit Gigolo, 2000 in Sydney mit Gigolo, 2008 in Hongkong mit Satchmo und 2016 in Rio de Janeiro mit Weihegold OLD). Damit hat die Deutsche als erfolgreichtste Pferdesportlerin aller Zeiten nun ein weiters Stück Geschichte geschrieben!
Charlotte & Valegro – Traumritt zu Gold
Gespannte Erwartung herrschte bei Charlotte’s Auftritt. Würde sie sich wieder die Olympische Krone aufsetzen können? Sie tat es! 35 Mal zückten die Richter die begehrte 10! Denn ob fliegende Wechsel, Trab- und Galoppverstärkungen, am Punkt gesetzte Pirouetten, fließend weiche Übergänge – es war ein wahr gewordener Traum an hoher Dressurreitkunst, was die Britin hier zeigte. Valegro wurde heute selbst zur Legende – jederzeit bemüht das Beste aus sich herauszuholen, auf kleinste Hilfen reagierend, stets ideal an den Hilfen stehend. Schlichtweg Wahnsinn im positiven Sinne! Die Wertnote von 93.857% war am Ende für Charlotte und Valegro nicht ’nur‘ das dritte Olympische Gold (2 x Einzel, 1 x Team) wert, sondern auch neuer Olympischer Rekord im Freestyle.
Charlotte’s Tränen und Valegros Abschied
Als ob sie es geahnt hätte, flossen bei Charlotte bereits bei ‚Halt und Gruß‘ die Tränen. „Heute war ich zum ersten Mal echt nervös. Vor London kannte mich kein Mensch, doch jetzt lag ein großer Druck auf mir. Was ich mir erwartete, was die Leute sich erwarteten. Ich wusste, dass ich abliefern muss. Doch als ich dann im Viereck war, ist die ganze Last von mir abgefallen. Ich habe es so unheimlich und intensiv genossen Valegro zu reiten. Ich liebe ihn so sehr, er ist das Pferd meines Lebens und ich hatte mit ihm die Zeit meines Lebens. Ich kann ihm nur immer wieder danken, dass er immer und immer wieder sein Bestes geben will. Mit ihm fühlt sich alles so einfach an. Ich weiß, dass der Abschied aus dem Sport kommen wird. Doch ich weiß noch nicht genau wann und wo. Aber ich wusste, dass das unsere letzten Olympischen Spiele sind, unser letztes großes Championat. Deshalb war ich so emotional. Ich wollte, dass er als Legende von der Sportbühne geht und ich wusste in dem Moment, als wir mit der Kür fertig waren, dass er das geschafft hat.“, erklärte eine sichtlich gerührte Charlotte bei der Pressekonferenz. Zuvor hatte sie bei den Flashinterviews in der Mixed Zone anfangs nicht reden können, schluchzend war sie dagestanden und hatte sich entschuldigt. Man hätte fast mitweinen mögen
ERGEBNIS | Olympische Spiele Rio de Janeiro
DRESSUR EINZEL
Gold: Charlotte Dujardin (GBR) – Valegro – 93.857%
Silber: Isabell Werth (GER) – Weihegold Old . 89.071%
Bronze: Kristina Broring-Sprehe (GER) – Desperados Frh – 87.142%
4. Laura Graves (USA) – Verdades – 85.196% Details
5. Severo Jesus Jurado Lopez (ESP) – Lorenzo – 83.625%
6. Dorothee Schneider (GER) – Showtime Frh – 82.946%
7. Carl Hester (GBR) – Nip Tuck – 82.553% Details
8. Tinne Wilhelmsson Silfven (SWE) – Don Auriello – 81.553%
9. Hans Peter Minderhoud (NED) – Johnson – 80.571%
10.Beatriz Ferrer-Salat (ESP) – Delgado – 80.161%
> Ergebnis Individual Grand Prix Freestyle Olympische Spiele Rio de Janeiro 2016
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