Pressemitteilung – Wer, wenn nicht Laura Graves? Die US-Dressurreiterin ist eine der Wenigen, eigentlich sogar die Einzige, der zugetraut wird, dass sie am Thron von Dressur-Superstar Isabell Werth rütteln kann. Und genau das hat sich die 29-Jährige mit ihrem außergewöhnlichen „Verdades“ vorgenommen. Wir haben sie beim Training in Belgien besucht und erfahren, was sie über Isabell Werth denkt, was den CHIO Aachen zum CHIO Aachen macht und wieso sie bei ihrem ersten Aachen-Start auf einmal ganz dringend in ein Musikgeschäft musste.
Frage: Die Geschichte von Ihnen und Ihrem Pferd Verdades ist außergewöhnlich…
Laura Graves: Er war ein echter Glückstreffer. Er ist als Fohlen zu mir gekommen, war sechs Monate alt. Wir haben ihn nur aufgrund eines Videos gekauft, und nun hat er mich zu dem gemacht, was ich bin. Letztes Jahr hat er mich zu einer olympischen Bronzemedaille gebracht, zum Weltcup-Finale, wir haben eine WM zusammen bestritten und jetzt bereite ich mich auf die WM im nächsten Jahr vor.
Frage: Auch Ihre eigene Geschichte ist anders als die der meisten Top-Reiter…
Graves: Es ist leicht, wenn Du in eine Familie hineingeboren wirst, bei denen die Pferde zum leben bereits dazu gehören. Bei mir war es nicht so, und doch sind die Pferde seit meiner Geburt ein Teil von mir. Ich trage sie in meiner Seele. Niemand aus meiner Familie betreibt das Reiten als Wettkampfsport, und doch wusste ich von klein auf, dass ich Pferde um mich herum brauche.
Frage: Wie sehen Sie Ihre sportliche Kariere? Die nächste Weltmeisterschaft ist in Ihrem Heimatland.
Graves: Es ist großartig, im kommenden Jahr die WM auszutragen. Es ist eine große Ehre für uns, diesen Wettkampf in Nordamerika zu haben. Die Fans werden hinter uns stehen, die Stadien werden ausverkauft sein. Jede Chance mein Land zu repräsentieren ist einzigartig. Hier in Aachen habe ich es in die Mannschaft geschafft, nun hoffe ich, auch für das WM-Team im nächsten Jahr aufgestellt zu werden.
Frage: Sie kommen als Nummer 4 der Weltrangliste nach Aachen. Was rechnen Sie sich aus? Der US-Equipechef Robert Dover hat gesagt: „Laura ist heiß darauf, zu gewinnen“
Graves: (lacht) Ich bin immer heiß darauf zu gewinnen, ob es dann passiert, ist eine andere Frage. Wir trainieren hart und werden in Bestform nach Aachen kommen. Was anderes kommt für Aachen ohnehin nicht in Frage. Und natürlich sind wir heiß auf den Sieg. Ich weiß, dass es harte Prüfungen werden, aber genau das ist es, was uns besser macht.
Frage: Wen sehen Sie als Ihren größten Gegner?
Graves: Kein Zweifel: Isabell, sie ist die Nummer 1 in der Welt. Es ist etwas schade, dass die Nummer 2 und 3, auch zwei Deutsche (Kristina Bröring-Sprehe und Dorothe Schneider, d.Red.), nicht teilnehmen können. Das ist etwas enttäuschend für mich, denn auf dem besten Turnier möchte ich die besten Gegner. Mal abwarten, was es am Ende wird, auch Catherine Dufour hat sich gerade bei den dänischen Meisterschaften super präsentiert. Klar ist: Es wird ein spannender Wettbewerb für die Zuschauer.
Frage: Wie bewerten Sie die Auftritte von Isabell Werth über die letzten Jahre gesehen?
Graves: Dazu gibt es überhaupt keinen Vergleich. Sie hat nicht nur ein Pferd, mit dem sie erfolgreich ist. Mit ihrer Art zu reiten, bringt sie ein Pferd nach dem anderen in den Spitzensport. Sie hat eine unfassbare Präzision im Dressurviereck – ich versuche übrigens täglich, das im Training zu kopieren.
Frage: Was könnte eventuell den Unterschied machen zwischen Ihnen und den anderen Reiterinnen?
Graves: Verdades und ich haben eine besondere Verbindung. Wir sind zusammen, seitdem wir Kinder sind. Er wird niemals „Nein“ sagen, wenn ich ihn um etwas bitte. Das hat nicht jedes Pferd, er ist unglaublich selbstlos. Kommt’s hart auf hart, kann das am Ende den Unterschied machen.
Frage: Welche Chancen sehen Sie für das US-Team?
Graves: Wir kommen in diesem Jahr mit einer sehr starken Mannschaft. Ich bin inzwischen so etwas wie der alte Hase in unserem jungen Team. Wir haben dieses Jahr zwei neue Pferde am Start, sie sind alle sehr stark und in der Lage, über 75 Prozent zu erreichen. Aber am Ende müssen wir die Leistung auch auf den Platz bringen.
Frage: Derzeit sind Sie in Aachen, haben sich in Belgien vorbereitet. Was fehlt Ihnen hier in Europa am meisten?
Graves: Ich vermisse meine Hunde – und meinen Freund. Es ist immer hart, von der Familie getrennt zu sein, von den Kindern – oder wie in meinem Fall den Hunden und Pferden (lacht). Das großartige an Europa ist aber, dass die Pferde hier zum Leben gehören. Ich bin mit meiner Trainerin Debbie McDonald hier und sehr darauf fokussiert, meine Leistung zu verbessern, nur darum geht‘s.
Frage: Sie kennen den CHIO Aachen bereits – wie haben Sie die Atmosphäre empfunden?
Graves: Ich bin erst einmal in Aachen geritten, das war 2014, mein erstes Grand Prix-Jahr. Es war so motivierend, dort starten die besten Reiter der Welt auf dem besten Turnier der Welt. Es ist sehr aufregend, nun wieder eingeladen zu sein.
Frage: Warum ist es so aufregend beim CHIO Aachen zu starten?
Graves: Die Geschichte des Turniers ist unglaublich, das ist mit keinem anderen Turnier der Welt vergleichbar. Alles ist Weltklasse. Das geht bei den Stallungen los und endet bei der perfekten Art, wie wir Reiter umsorgt werden. Und erst die Zuschauer! Sie haben so viel Ahnung und wissen, worum es in unserem Sport geht. Dressurreiten ist nun mal komplex. Beim Springreiten weißt Du: Fällt die Stange, war’s ein Fehler. Wie viel Ahnung die Zuschauer haben sieht man auch daran, wie gut sie mit der „Judging-App“, die die CHIO-Organisatoren anbieten, klar kommen. Es ist schön zu sehen, wie sich unser Sport hier etabliert hat. Das ist wirklich ein tolles Gefühl!
Frage: Und bei Ihrem ersten Aachen-Start fehlte die Musik…
Graves: Oh ja! Daran erinnere ich mich noch sehr lebhaft! Ich musste mich eigentlich auf die Prüfung vorbereiten, aber hab immer nur links und rechts geschaut, so beeindruckend war das alles. Zum Beispiel ist dort auch Charlotte Dujardin geritten. Mein Trainer sagte irgendwann: Laura, jetzt konzentrier Dich endlich! Aber ich war so durch den Wind, dass ich kaum reiten konnte. Irgendwie habe ich mich dann sogar für die Kür qualifiziert, aber ich hatte nichts vorbereitet, hatte auch keine Musik. Wir sind dann noch in die Stadt gefahren, haben in einem kleinen Geschäft noch Musik ausgesucht und direkt vor Ort auf eine CD gebrannt.
Quelle: Pressemeldung