Deutsche Meisterschaft Voltigieren
Deutsche Voltigierer schwächeln – Bundestrainerin enttäuscht
WM-Einzelkandidaten verpassen bei Deutscher Meisterschaft den Sieg
Alsfeld. Die Chancen der österreichischen VoltigiererInnen bei den anstehenden Weltmeisterschaften in Le Mans (15. – 19. August) steigen. Die deutschen Vertreter, Hauptkonkurrent der Rot-weiß-roten in allen Disziplinen, schwächelten kürzlich bei ihrer eigenen nationalen Meisterschaft. In den Einzeldisziplinen verpassten die WM-Kandidaten den Sieg. Bundestrainerin Ulla Ramge war enttäuscht. Mit so schwachen Vorleistungen sei sie noch nie zu einem Championat aufgebrochen.
Deutsche Meisterschaft Voltigieren © Daniel Kaiser
Er war acht Monate in Australien, scheiterte anschließend knapp an der Championatsqualifikation und voltigierte nun zum unerwarteten Titel. Jannik Heiland präsentierte auf Dance of Gold seinen ganz persönlichen „Goldtanz“. Mit 8,476 Punkten auf seine abschließenden Kür rettete der 19-Jährige seinen verbliebenen Vorsprung aus dem Pflichtdurchgang und verbuchte in der Endabrechnung 46 Hundertstel Punkte mehr als sein ärgster Verfolger, Erik Oese aus dem Bundesland Sachsen. Heiland kam auf 8,158 Zähler, Oese auf 8,112. „Dance of Gold und Jannik sind einfach ein tolles Team“, kommentierte Bundestrainerin Ulla Ramge. Allerdings steht Heiland der zehnjährige Hannoveraner für die Weltmeisterschaften nicht zur Verfügung, was auch die Nationaltrainerin sehr bedauert. Auf einem anderen Pferd hatte er die geforderten Leistungen nicht bringen können. Oese verfehlte die Titelverteidigung auf Calvador nur knapp. Er zeigte nach einem mittelmäßigen Pflichtauftakt vor allem in der abschließenden Kür – die er mit 8,563 Punkten gewann – eine souveräne Leistung. „Ich fühle mich auf Calvador einfach wohl“, sagte der 24-Jährige. Die Arbeitsgruppe Spitzensport des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR) nominierte den Lehramtsstudenten (Mathe und Physik) aus diesem Grund nun doch mit dem zwölfjährigen Sächsischen Reitpferd. „Erik und Calvador sind einfach das harmonischere Team“, sagte Ramge, die zwischenzeitlich mit einem Start auf Sir Bernhard RS von der Wintermühle – dem Pferd von Weltmeister Kai Vorberg – spekuliert hatte. Doch auf dem Schimmel – Pferd des Jahres 2010 – war der Sachse beim CVI in Krumke und beim CHIO in Aachen nicht so gut zurecht gekommen wie auf Calvador. Rang drei in Alsfeld sicherte sich Torben Jacobs. Der 20-Jährige voltigierte auf „Shootingstar“ Radix und kam im Endergebnis auf 7,773 Punkte. Vorjahres-Vizemeister Viktor Brüsewitz startete nach verpatztem Auftakt (Rang zehn in der Pflicht) in der Hessenhalle eine gelungene Aufholjagd und landete mit Rockard H auf Platz vier (7,449). „Ich will schließlich nicht Deutscher Meister werden, sondern Weltmeister“, kommentierte der Sportsoldat mit einem Grinsen. Etwas dagegen hat mit Sicherheit CHIO-Champion Stefan Csandl. Er wird im französischen Pferdesportzentrum Boulerie Jump mit Solitaire Legacy und Julie Newell an der Longe auflaufen.
Kristina Boe landet auf Rang 6 © Daniel Kaiser
Auch bei den Damen gab es in diesem Jahr eine Überraschungssiegerin. Denn mit dem Titel anno 2012 hatten weder Fachpublikum, Bundestrainerin noch Christine Kuhirt selbst gerechnet. Die 23-Jährige Ex-Rheinländerin startete auf dem 17-jährigen Rheinländer Fuzzy für den Landesverband Westfalen und sicherte sich mit 8,022 Punkten den Sieg. „Damit hätte ich nie gerechnet“, kommentierte die Sportwissenschaftlerin. Im Jahr 2007 war sie mit der JRG Köln knapp am Mannschafttitel gescheitert. „Eigentlich hatte ich den Traum, einmal Deutsche Meisterin zu sein, schon abgeschrieben“, berichtete sie. Besonders überraschend kam der Triumph, weil auch Kuhirt nicht für die WM in Le Mans qualifiziert ist. Auf die Longlist hatte sie es geschafft, doch beim entscheidenden Sichtungs-CVI in Krumke/Sachsen-Anhalt war ihr Pferd nicht durch die Verfassungsprüfung gekommen. Auch Rang zwei und drei gingen bei den diesjährigen Titelkämpfen an Longlist-Kandidatinnen, die das Ticket nach Frankreich nicht lösen konnten. Platz zwei sicherte sich Jennifer Braun auf Willow mit 7,954 Punkten. Rang drei ging an Theresa-Sophie Bresch auf Cyrano. Bundestrainerin Ulla Ramge war sauer und enttäuscht. Die Ergebnisse der WM-Teilnehmerinnen: 4. Sarah Kay (7,907), 6. Kristina Boe (7,811), 8. Regina Burgmayr (7,609). Aufgrund des offensichtlichen Formtiefs der Deutschen steigen zugleich die Chancen der Österreicherinnen für die Weltmeisterschaften. Am Start: Jasmin Gipperich, Christa Kristofics-Binder sowie Lisa Wild.
Neuss-Grimlinghausen siegt souverän
Historischer Erfolg für RSV Neuss-Grimlinghausen © Daniel Kaiser
Im Teamwettbewerb kam es zu einem historischen Erfolg für den RSV Neuss-Grimlinghausen. Die Mannschaft um Trainerin und Longenführerin Jessica Schmitz gewann zum siebten Mal in Folge den nationalen Titel (2006 bis 2012). Damit sind die Rheinländer in dieser Statistik nun einsamer Spitzenreiter. Bislang teilte sich die Mannschaft den Rekord mit einer Voltigiergruppe aus Stuttgart, die zwischen 1973 und 1978 alles abgeräumt hatte, was es auf nationaler Ebene zu gewinnen gibt. Insgesamt kam Neuss – angetreten auf Erfolgspferd Arkansas – auf 8,287 Punkte, über sechs Zehntel mehr als der VV Ingelsberg (7,659). Die Bayern um Voltigiermeister Alexander Hartl sicherten sich auf Adlon den Sieg im zweiten Kürdurchgang (8,583), vor Neuss (8,576) und dem RVV Schenkenberg (Sachsen/8,076). Die Pflicht und die erste Kür hatte Neuss mit neun bzw. fünf Zehntel Punkten Vorsprung gewonnen. Der dritte Rang in der Meisterschaftswertung ging an den VRV Pegasus Mühlacker (7,461). Die Baden-Württemberger voltigierten auf Campina, longiert von Karin Kiontke. Rang vier ging an Schenkenberg, gefolgt vom RV Krumke (Sachsen-Anhalt) und der JRG Köln (Rheinland). Ob sich Neuss auch im globalen Vergleich durchsetzen kann? Dabei wollen die Österreicher ein Wörtchen mitreden: Für die Alpenrepublik am Start: der RC Wildegg mit Libretto und Longenführerin Maria Lehrmann.
Meisterschaftsehrung © Daniel Kaiser
Die erste Entscheidung der DM war bereits am zweiten Wettkampftag gefallen. Theresa-Sophie Bresch und Daniel Rein gewannen in der Hessenhalle im Doppel-Wettbewerb auf Cyrano (Longe: Doris Marquart) beide Durchgänge souverän und verbuchte im Endergebnis 8,403 Zähler. Deutsche Meister dürfen sich die Baden-Württemberger aber nicht nennen, denn der Wettbewerb hat noch immer den Status eines Bundeswettkampfs. Ergo sind Bresch und Rein „Bundessieger“. Für Bundestrainerin Ramge ist nun jedoch „die Zeit reif“ für eine reguläre DM. „Der Wettkampf ist mittlerweile sehr anspruchsvoll und die Teilnehmer sind auch von der Anzahl der Landesverbände her gut gestreut, die Qualität ist enorm gestiegen“, stellte die 49-Jährige fest. Die Nationaltrainerin war mit den gezeigten Leistungen zufrieden. Vor allem mit den überragenden Darbietungen der Sieger. Zwei Wochen zuvor wurde das Duo für die Weltmeisterschaften in Le Mans nominiert, obwohl es bis dato noch keine championatstaugliche Leistung abgeliefert hatte. Die gelungene WM-Quali setzte anscheinend neue Kräfte und Motivation frei. Mit aufgepeppter Musik ließ die amtierende Europameisterin mit ihrem Partner der Konkurrenz keine Chance. „Ich habe geahnt, dass Theresa und Daniel wieder zu alter Form finden“, kommentierte Ramge und blickt zuversichtlich in Richtung WM. Für Bresch war es bereits der dritte Sieg in Folge. 2010 hatte sie mit Rein triumphiert, im vergangenen Jahr mit Torben Jacobs. Für Österreich werden zur WM starten: Lukas Wacha und Jasmin Lindner auf Elliot sowie Stefanie Millinger und Evelyn Freund auf Robin.
“Bundessieger” Theresa-Sophie Bresch und Daniel Rein © Daniel Kaiser
Die kompletten Ergebnisse finden Sie hier
Quelle: REITSPORTNEWS – Die Pferdesportagentur – Daniel Kaiser