Aufregung um offenen Reithelm: GCL-Team in Prag disqualifiziert
Springreiten – Die Global Champions League Play Offs 2025 sind entschieden, die Diskussionen gehen aber erst los. Aufgrund eines offenen Reithelms wurde Simon Delestre (FRA) im Viertelfinale am Donnerstag (21.11.) nachträglich disqualifiziert und sein vielversprechendes Team Istanbul Warriors verpasste das 6,5 Millionen Euro dotierte Finale. Fair?
Die Play-Offs der Global Champions League sind jedes Jahr die Zugabe der Saison. Besonderes Zuckerl: Ein enormes Preisgeld. Dieses Jahr warteten insgesamt (zusammen mit dem Einzelbewerb Global Champions Tour) 11,4 Millionen Euro, alleine 9.850.000 davon wurden in der GCL-Tour vergeben. Der Teambewerb ging über drei Tage: Viertelfinale am Donnerstag, Halbfinale am Freitag, Finale (Top 6) am Sonntag. Die Shanghai Swans, das einzige Team mit österreichischer Beteiligung, fielen nach einem Ausfall von Teamreiter Ben Maher (GBR) im Halbfinale aus dem Bewerb.
Gar nicht erst ins Halbfinale schafften es die Istanbul Warriors, die ein im Vorfeld favorisiertes Weltklasse-Team aufwiesen: Henrik von Eckermann (SWE), der spätere Super-Grand-Prix-Sieger Abdel Saïd (BEL) und Simon Delestre (FRA). Eigentlich wäre das Trio mit dem Score von 4-4-0 zwischen dem sechsten und achten Platz im Viertelfinale platziert und damit für das Halbfinale qualifiziert gewesen, doch ein offener Helm während des Rittes bei Simon Delestre sorgte für die nachträgliche Disqualifizierung (im GCL-Ergebnis wird Delestre statt mit 0, mit 32 Fehlerpunkten geführt – das kommt einer Disqualifizierung gleich). Dieser war zwar zu Beginn geschlossen, dürfte sich aber im Laufe des Parcours von selbst geöffnet haben, was gegen das FEI-Reglement zur Sicherheit der Reiter:innen verstößt.

Moralisch verwerflicher Einspruch?
Jetzt gibt es mehrer Aufreger: Erstens erfolgte die Disqualifikation nicht unmittelbar. Sprich, die Jury (Richter und Stewards) haben den offenen Reithelm nicht bemerkt und Delestre wurde mit einem Null-Fehler-Ritt bejubelt. Jemand (ein anderes Team?) dürfte jedoch nachträglich Einspruch eingelegt haben und die Jury hat anschließend die regelkonforme Disqualifikation (FEI Jumping Rules: ARTICLE 256, 1.4) durchgeführt. Moralisch verwerflich? 9.850.000 Gründe ließen den oder die Verantwortliche(n) das Dilemma um die sportliche Relevanz eines offenen Helmes wohl vergessen. Denn Vorschrift ist nun mal Vorschrift…
Die Regel im Wortlaut:
„Ein Athlet, der während seines Durchgangs seinen Kopfschutz verliert oder dessen Haltegurt sich löst, muss diesen wieder aufsetzen bzw. den Haltegurt wieder befestigen. In diesem Fall wird der Athlet nicht dafür bestraft, dass er angehalten hat, um seinen Kopfschutz wieder aufzusetzen und/oder den Haltegurt wieder zu befestigen, aber die Uhr wird nicht angehalten. Ein Athlet, der mit einem falsch oder nicht befestigten Haltegurt über ein Hindernis springt oder zu springen versucht, wird disqualifiziert, es sei denn, die Umstände machen es für den Athleten unsicher, sofort anzuhalten, um den Gurt wieder zu befestigen (z. B. wenn sich der Gurt mitten in einer Kombination oder ein oder zwei Schritte vor dem betreffenden Hindernis löst).„
Spielraum der Offiziellen
Gleichzeitig wird um den Spielraum der Richter:innen diskutiert. Im Reglement heißt es, dass ein Reiter bei offenem Haltegurt des Helmes durchparieren, und diesen wieder befestigen muss. Er bekommt dafür keinen Strafpunkte, die Uhr wird jedoch nicht angehalten. Das Endergebnis leidet also in jedem Fall unter dem Anhalten.
Das Veranstalter-Team wendete sich mit diesem Statement an die Öffentlichkeit und drückte den Ärger über die Entscheidung der Offiziellen aus:
„Unserer Einschätzung nach, handelt es sich jedoch um eine äußerst geringfügige Angelegenheit. Selbst die eingesetzten Richter haben das Problem während des Wettbewerbs nicht erkannt. Aus diesen Gründen sind wir der Ansicht, dass der Vorfall weder das Ergebnis des Reiters beeinflussen noch Auswirkungen auf das Teamergebnis des GCL Super Cup Viertelfinals haben sollte. Auch wenn wir respektieren, dass wir weder die FEI noch die offiziellen Richter sind, die für die Durchsetzung des Regelwerks verantwortlich sind, müssen wir unsere Enttäuschung über die getroffenen Entscheidungen ausdrücken, die zudem erhebliche Auswirkungen auf das gesamte Event haben.„
Ähnlicher Fall – anderer Ausgang in Monaco
Der dritte Diskussions-Punkt handelt um einen vergleichbaren Fall bei der Global Champions League Etappe in Monaco, als Katrin Eckermann (GER) den gesamten Parcours unabsichtlich mit einem offenen Helm absolvierte und ihn erst bei der Ziellinie schloss. Auch dabei dürfte es kein Mitglied der Jury bemerkt haben – oder darüber hinweggesehen haben, da sportlich nicht relevant? – und kein Einspruch eingelegt worden sein, denn es kam zu keiner (nachträglichen) Disqualifikation.
Saïd und Delestre holen mit Wut im Bauch Platz 1 & 2 im Super Grand Prix
Der Disqualifikation im Teambewerb zum Trotz, ritten Abdel Saïd (BEL) und Simon Delestre (FRA) im Einzelfinale, dem Global Champions Tour Super Grand Prix die Plätze eins uns zwei. Der Bewerb über 165 cm fand Samstag Abend (22.11.) statt und ging über zwei Runden. Während die technisch höchst anspruchsvolle Runde eins von insgesamt elf Duos fehlerfrei bewältigt wurde, gelang in Runde zwei keinem ein Null-Fehler-Ritt.
Abdel Saïd pilotierte seine zwölfjährige Bonne Amie (A Big Boy x Landfriese) mit einem Abwurf in 62,43 Sekunden ins Ziel. Simon Delestre und sein 13-jähriger Selle-Francais Cayman Jolly Jumper v. Hickstead waren nur zwei Hundertstel Sekunden langsamer, und hatten ebenfalls einen Fehler, Platz zwei.
Die rund 300.000 Euro für den Sieg und 250.000 Euro für Platz zwei machten den möglicherweise deutlich größeren Verlust in der Global Champions League vielleicht nicht wett, gaben aber mit Sicherheit eine gewisse Genugtuung.
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Mehr InformationenWeiterführende Links:
>> Ergebnislisten
>> FEI Database: Simon Delestre
>> FEI Jumping Rules 2025
Dieser Text wurde von EQUESTRIAN WORLDWIDE – EQWO.net verfasst und ist keine Pressemitteilung. Das Kopieren des Text- und Bildmaterials ist nicht gestattet.