Daniel Deusser – über sein neues Leben als Papa, die unglaubliche Entwicklung der LGCT und die Tatsache, dass die Etappen auch immer “so eine Art Urlaub für die Reiter sind”
Daniel Deusser (Deutschland) gehört seit einigen Jahren zu den besten Springreitern der Welt. Bis vergangenen Monat hatte er die Führung inne, derzeit belegt er Platz zwei der Weltrangliste. Der Weltcup-Gesamtsieger von 2014 ist weltweit als Pferdemann mit perfektem Stil geachtet. Im Vorfeld der fünften Etappe der LGCT gibt der gebürtige Wiesbadener, der in Belgien arbeitet und lebt, Einblicke in sein Berufs- und auch Privatleben.
Sie sind seit einigen Monaten Vater der kleinen Stella. Wie hat sich Ihr Leben seither verändert?
(lacht) Komplett! Wenn man wie ich die ganze Zeit unterwegs ist, und unter der Woche die meiste Zeit im Stall verbringt, dann will man plötzlich abends nach Hause – und morgens verlässt man die Familie ungern. Das Leben ist vielseitiger geworden. Pferde haben nicht mehr erste Priorität.
Sie sind seit vielen Jahren im Kreise Ihrer Kollegen wöchentlich auf Reisen. Haben Sie nicht manchmal Lust, ein Wochenende bei der Familie zu verbringen?
Früher hatte ich diesen Wunsch manchmal. Jetzt habe ich ihn viel öfters. Mit Sicherheit wird sich mein Turnierplan in diesem Jahr auch dahingehend ändern. Ich werde im Sommer einige Turniere in Deutschland besuchen, zu denen ich mit dem Auto fahren kann. Dann wird die Familie dabei sein.
Reiter sind Reisende. Wie sah der Terminkalender der vergangenen sechs Wochen bei Ihnen aus?
Da muss ich wirklich erst nachdenken: Miami – erste Etappe Global Champions Tour, dann Paris, danach Las Vegas – Weltcupfinals, dann Antwerpen – zweite Etappe der Global Champions Tour, dann Lummen, danach Shanghai – vierte Etappe der Global Champions Tour, und jetzt Hamburg – die fünfte Etappe der Global Champions Tour.
Wer so viele Turniere besucht, der braucht eine ganze Anzahl an Pferden. Wie viele stehen Ihnen zur Verfügung?
Ich habe eine ganze Reihe an Pferden. Aber ich starte mit zehn Pferden bei Turnieren, darunter sind vier Grand Prix-Pferde: Cornet d´Amour, Esperante, First Class und Pironella. Dann habe ich noch vier/fünf Pferde, die ich auf den großen Sport vorbereite, die reinwachsen sollen.
Am kommenden Wochenende werden Sie in Hamburg an der fünften Etappe der Longines Global Champions Tour an den Start gehen. Welchen Stellenwert nimmt die LGCT 2015 bei Ihnen ein?
Jedes Turnier der Global Champions Tour ist ein Höhepunkt. Es sind sehr schöne Turniere an sehr schönen Plätzen. Wir Reiter haben jeweils nur zwei Pferde dabei, also ist das auch so etwas wie ein bisschen Urlaub für uns. Es gibt inzwischen 15 Etappen – ich kann nicht alle besuchen. Aber jede Etappe für sich ist ein Highlight!
Sie haben die Entwicklung der LGCT hautnah erlebt, waren ja einige Jahre bei Tour-Präsident Jan Tops in Valkenswaard als Bereiter angestellt. Hätten Sie gedacht, dass aus seinen Plänen einmal die weltweit wichtigste Serie für den Springsport wird?
Nein. Wenn man sich überlegt, dass er die Idee schon lange hatte, dann aber irgendwann in einer ruhigen Minute einen Zettel genommen hat und anfing, einfach aufzuschreiben, was er vorhat… Dass der Mann Durchsetzungsvermögen hat, wussten alle. Aber dass aus so einer Idee eine weltweit führende Tour wird, das hätte ich nicht gedacht.
Jan Tops weiß als Olympiasieger mit der Mannschaft von 1992 und als Trainer der Katarer natürlich, was seine Kollegen wünschen, oder?
Ganz klar. Aber es ist eine Sache, ein hervorragendes Turnier zu organisieren. Eine Tour zu schaffen, die den Sport weltweit so verändert und ihm einen neuen Stellenwert gibt, das ist was ganz anderes. Mit dieser rasanten Entwicklung hätte ich nicht gerechnet.
Was zeichnet die LGCT aus?
Wir starten an den wichtigsten und berühmtesten Plätzen auf der ganzen Welt. Das ist unheimlich attraktiv, auch für die Zuschauer. Die stehen zum Bespiel mitten in der Metropole Paris unter dem Eiffelturm und schauen Springsport an. Dies steigert das Ansehen des Reitsports. Dann gibt es für uns Aktive sehr hohe Preisgelder, und dies bei wenigen Starts ist eine Kombination aus perfekten Bedingungen, Attraktivität für die Zuschauer – und großem Sport.
Im August finden die Europameisterschaften in Aachen statt. Welchen Stellenwert hat dieses Championat bei Ihnen?
Für mich ist das ganz klar das Ziel in diesem Jahr. Aachen ist nicht nur für uns Deutsche etwas ganz besonderes. Die Atmosphäre ist so, dass jeder von uns hier reiten möchte. Und dann kommt noch dazu, dass das Championat im eigenen Land statt für mich findet. Das ist der Höhepunkt Nummer eins im Jahr 2015.
Sie sind einer der wenigen Reiter im bundesdeutschen A-Kader, der keine eigene Reitanlage hat, sondern als Angestellter bei Stephex, einem Handelsstall für internationale Pferde, arbeitet. Sie sind also darauf angewiesen, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen die Pferde zur Verfügung stellt. Das ist manchmal schwierig, weil Ihr Chef Stephan Conter davon lebt, die besten Pferde zu verkaufen. Wie gehen Sie damit um?
Ganz offen und ehrlich! Tatsache ist, dass er mich dahin gebracht hat, wo ich jetzt stehe. Ich bin seit drei Jahren bei ihm. Ich vertraue ihm. Und er hat dieses Vertrauen bisher immer gerechtfertigt. Er hat mir sehr gute Pferde zur Verfügung gestellt. Natürlich weiß ich, dass auch Pferde verkauft werden müssen. Aber es kommen immer genügend nach, die ich aufbauen und herausbringen kann. Mein Chef ist ein Sportfanatiker, er hat mir durch den Kauf von Cornet d´Amour ein Pferd für den großen Sport ermöglicht. Das weiß ich sehr zu schätzen.
Quelle: Pressemitteilung