Wie auf distanzreiten.at zu lesen ist, hat die World Equestrian Games Teilnehmerin Stefanie Kunz (NÖ) ihr Championatspferd Teyszir verloren. Erst Anfang dieses Jahres verstarb ihr Spitzenpferd Omar, mit dem sie an den WEG 2014 in Caen (FRA) teilgenommen hatte, aufgrund eines Aortarisses.
Vor wenigen Tagen musste sie nun auch den elfjährigen Teyszir einschläfern lassen – er hatte sich auf der Koppel das linke Hinterbein gebrochen.
Mag. Julia Wolte hat einen Nachruf auf Teyszir verfasst:
NUR DIE BESTEN STERBEN JUNG.
Nun galoppieren sie wieder Seite an Seite – nur eben im Himmel…
Erst vor wenigen Monaten schrieb ich den Nachruf für Stephanie Kunz‘ Schimmelwallach Omar, der mit nur 16 Jahren und in absoluter Topform nach einem Aortariss über die Regenbogenbrücke auf die immergrünen Weiden hinübergaloppiert war – und betitelte diese traurige Geschichte mit „Nur die Besten sterben jung“. Nun sitze ich hier in Moab, Utah vor meinem Notebook, habe Gänsehaut am ganzen Körper und Tränen in den Augen, weil mich vor kurzem eine Nachricht von Steffi erreichte, in der sie mich darum bat, einen weiteren Nachruf zu schreiben: für ihr zweites Championatspferd Teyszir. Ich bin fassungslos, mit welcher Härte und Brutalität das Schicksal zuschlug und frage mich, womit Steffi das verdient hat? War es nicht schon schwer genug, sich von Omar in der Blüte seines Lebens zu verabschieden? Und einen Monat später auch Mahir altersbedingt einschläfern lassen zu müssen? Nein, einer der besten und erfolgreichsten, österreichischen Distanzreiterinnen wurden binnen weniger Monate ihre drei vierbeinigen Helden genommen. Verluste, die mehr als nur schmerzen und für die es keine Worte gibt…
Stephanie Kunz‘ (damals: Laferl) und Teyszirs Geschichte begann im November 2011, als sie den Wallach siebenjährig in Ungarn kaufte, weil sie Mahir in diesem Jahr in Pension geschickt hatte und ein zweites Sportpferd suchte. Anfang Jänner 2012 entledigte er sich ihres Mannes Gernot in einem Obstgarten, der sich bei diesem Sturz Elle und Speiche brach und seither zwei Platten in seinem Unterarm mit sich herumträgt. Es verwundert wenig, dass Gernots Liebe zu Teyszir von Anfang an einen ziemlichen Dämpfer abbekam. Die hysterischen Panikattacken und alle seine Ausflüge auf diverse Hauptstraßen machten es Steffi nicht immer leicht – und doch glaubte sie an ihren Schimmel, der bei einem Unfall mit der Kutsche sein Auge verloren hatte. Dennoch gab es immer wieder Momente, in denen die Stimmen in Steffis unmittelbaren Umfeld immer lauter wurden, sie solle ihn doch endlich verkaufen – er sei einfach zu gefährlich. Aber Steffi blieb beharrlich – und sollte Recht behalten. Teyszirs Distanzkarriere begann im März 2012 im ungarischen Gyirmot mit einem 40-Kilometer-Bewerb, danach lief er in Babolna seinen ersten nationalen 80-Kilometer-Ritt, einen weiteren in Samorin und beendete seine erste Saison mit zwei weiteren 40-Kilometer-Ritten in Litzelsdorf sowie Kamuthy (HUN).
Im Mai 2013 lief er seinen ersten CEI1* – wiederum auf ungarischem Boden – und landete mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 18,21 km/h auf dem erfreulichen 3. Platz. Im ungarischen Solt trotzten Stephanie und Teyszir der brütenden Hitze und absolvierten ihren ersten gemeinsamen CEI2“ mit einem Durchschnittstempo von 18,37 km/h – Teyszir liebte es einfach, schnell unterwegs zu sein. 2013 wurde Teyszir zum zuverlässigsten Distanzpferd gekürt und die beiden gewannen als Draufgabe den Dreamteam-Cup.
In den Tagen vor ihrer Hochzeit sollte Steffi Teyszir gar nicht mehr reiten, damit sie am 18. Juli 2014 auch tatsächlich vor dem Traualtar erscheinen könne – und zwar „heil“. Die Braut ignorierte den Wunsch ihres Verlobten und sattelte den Schimmel wenige Tage vor dem Hochzeitstermin. Eine waghalsige Entscheidung, wie sich herausstellen sollte: der „Verrückte“, wie Steffi ihn manchmal nannte, setzte sie ab und galoppierte davon. Bis auf ein paar blaue Flecken und Kratzer blieb Steffi Gottseidank unverletzt, verlor über den Vorfall aber kein Wort, um den Einäugigen nicht noch mehr in Misskredit zu bringen. Stattdessen nannte sie ihn für die Staatsmeisterschaften im steirischen Wies Anfang August für den 120-Kilometer-Bewerb. Auf der technisch sehr anspruchsvollen Strecke mit unzähligen Höhenmetern und schwierigen Bodenverhältnissen durfte er seine Freude am Laufen voll ausleben. Die beiden verritten sich mehrmals, weil Markierungen entfernt worden waren bzw. fehlten und zu allem Überfluss stieg er auf der letzten Runde in ein Loch im Boden, riss sich das Eisen samt Teilen vom Huf herunter und verletzte sich am Ballen, sodass auch ordentlich Blut floss. Steffi staunte nicht schlecht ob seiner Härte, als er dennoch nicht lahmte, sondern mit ihr den Vizestaatsmeistertitel errang und einen zweiten Platz im Rennen über 120 Kilometer einheimste.
Ich erinnere mich noch gut an die Bundesländermannschaftsmeisterschaften 2014 in Glainach, Kärnten, als es der Einäugige bis in die Radionachrichten geschafft hatte: Steffi stürzte, was nicht Teyszirs Schuld war, und der Wallach stürmte in Panik davon. Er konnte erst nach unzähligen quer durch und rund um die Büchsenmacherstadt Ferlach zurückgelegten Kilometern wieder eingefangen werden. Bis auf ein paar Schrammen hatte er nichts abbekommen – allerdings musste Steffi von ihrem Mann zur Kontrolle ins Krankenhaus gebracht werden und humpelte dann auf Krücken über das Turniergelände.
Im Oktober 2014 gingen die beiden dann im slowakischen Topolcianky an den Start – im zweitägigen CEI2* über 140 Kilometer und errangen den erfreulichen 7. Platz.
Im Mai 2015 starteten Teyszir und Steffi beim CEI3‘ im ungarischen Babolna, beendeten den Ritt auf dem 2. Platz und qualifizierten sich so für die Europameisterschaften in Samorin, Slowakei. „In diesem Rennen ging bei uns beiden der Knopf auf. Noch nie in
meinem Leben hatte ich so eine intensive Bindung zu einem Pferd wie zu Teyszir. Nach diesem Hundertmeiler wieherte er mir plötzlich zu, wenn ich in den Stall kam, wieherte zum Abschied, wenn ich wieder ging und kam angaloppiert, wenn ich ihn auf der Koppel besuchte! Auf einen Schlag war unsere Beziehung so viel vertrauter, intensiver und entspannter als je zuvor!“, erzählt Steffi. Steffis Hoffnungen auf einen EM-Star wurden leider zunichte gemacht, als ein Fesselgelenksproblem auskuriert werden musste. Teyszir wurde zur Reha auf Peter Kuliers Ranch nach Ungarn gebracht, wo er auf dem besten Weg war, wieder fit zu werden. Er zeigte keinerlei Lahmheit und so begann Steffi, Pläne zu schmieden, ihn im Oktober wieder an den Start zu schicken. Leider wollte es das Schicksal anders: noch am selben Tag, dem 30. August 2015 musste Peter Steffi eine Hiobsbotschaft überbringen: Teyszir habe sich auf der Koppel das linke Hinterbein gebrochen – womit sein Schicksal leider viel zu früh besiegelt war. Es blieb nichts Anderes übrig, als den für die Europameisterschaften qualifizierten Shagyaaraberwallach im Alter von nur elf (!) Jahren einschläfern zu lassen.
2015 ist definitiv kein gutes Jahr für den österreichischen Distanzsport – zu viele „Große“ sind heuer schon von uns gegangen. Stephanie Kunz hat es von allen am schlimmsten erwischt: zuerst verlor sie Omar im März, genau einen Monat später Mahir und nun auch noch Teyszir. Es gibt keine Worte, die beschreiben, wie tragisch es ist, drei Hundertmeilerpferde in weniger als einem halben Jahr über die Regenbogenbrücke gehen zu lassen – noch dazu, wenn zwei davon in der Blüte ihres Lebens standen. Der einzige, kleine Trost, der bleibt, ist, dass sie nun wieder gemeinsam über saftige Wiesen galoppieren – Seite an Seite, wie noch vor ein paar Monaten, nur von nun an eben im Himmel…
Ruhe in Frieden, Teyszir!
Steffi, mir fehlen die Worte, wenn ich an dieses für dich rabenschwarze Jahr denke – mit all den Rückschlägen und Verlusten, die du hinnehmen musstest. Ich fürchte, es gibt keine Worte, die deinen Schmerz lindern und dich das Unfassbare leichter ertragen lassen, aber ich möchte, dass du weißt, dass ich in Gedanken in diesen schweren Stunden bei dir bin. Fühl‘ dich fest gedrückt! Nach so viel Regen MUSS die Sonne wieder scheinen!
Alles Liebe, Julia
Text © Mag. Julia Wolte
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